Streichkonzert in der Bürgerschaft

Von Investitionen in Menschen, Bildung und Beton: Heute beginnen im Parlament die abschließenden Beratungen über den Hamburger Doppelhaushalt für die Jahre 2005 und 2006. CDU-Senat und Opposition stehen sich diametral gegenüber

von Markus Jox

Der Mann hat breite Schultern: „Der Senat nimmt die ihm übertragene Verantwortung für die Menschen und die Zukunft unserer Stadt gesamthaft wahr“, strotzte Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) bei der Einbringung seines Haushalts im September vor Selbstgewissheit. Die Opposition wird diesen Alleinvertretungsanspruch während der heute beginnenden Haushaltswoche in der Bürgerschaft bestreiten – zu verschieden sind die inhaltlichen Schwerpunkte, die CDU einerseits und SPD und GAL andererseits setzen.

Einig sind sich alle Fraktionen darin, dass es mit der „Einnahmeseite“ des Hamburger Haushalts nicht zum Besten steht. Zu den niedrigen Steuereinnahmen und der mauen Konjunktur kommt erschwerend hinzu, dass Hamburg in diesem Jahr 687 Millionen Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen muss.

Der Etatentwurf sieht für 2005 Ausgaben in Höhe von 9,7 Milliarden und 2006 von 9,8 Milliarden Euro vor. Peiners Mantra: „Investitionen in Zukunftsprojekte sichern Wachstum und schaffen Arbeitsplätze.“ Mit der „auf Jahrzehnte angelegten“ Strategie der „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ werde die Hansestadt „zu einer pulsierenden Metropole mit internationaler Ausstrahlung entwickelt“. Die These des Senators: „Nur ein wirtschaftlich starkes Hamburg ist auch sozial stark.“

Die Opposition hält dagegen, nur eine soziale Stadt könne auch ökonomisch erfolgreich sein. Die GAL betitelte ihren Leitantrag mit „Kinder, nicht Häuser fördern“, die SPD verlangt, „in Menschen zu investieren“. Der Senat stecke, so lautet der Vorwurf, zu viel Geld in Renommierprojekte wie das Museum Tamm, die Elbphilharmonie oder in die U4 statt in Bildung, Erziehung und Kinderbetreuung.

Der politische Streit entzündet sich also primär an der Ausgabeseite des Haushalts und an einzelnen Sparmaßnahmen: darunter das Schließen von Bücherhallen und einem Frauenhaus, Kürzungen bei Filmförderung, Blindengeld, Volkshochschulen, Feuerwehr und Polizei sowie der Wegfall der Zuschüsse für das Betreuungsangebot für traumatisierte Flüchtlinge. Zur Vermeidung solcher Kürzungen drängen SPD und GAL den Senat unter anderem dazu, im Bundesrat endlich die Hand zur Abschaffung der Eigenheimzulage zu heben. 15 Millionen Euro pro Jahr könnten so eingespart werden. Hamburg könne hier zum „Zünglein an der Waage“ werden, sagt die GAL und verweist darauf, dass das ebenfalls CDU-regierte Saarland sich bereits für ein Streichen dieser Subvention ausgesprochen habe. Deneben verlangt die SPD die Senkung der Pendlerpauschale und geht davon aus, dass Hamburg durch Effekte der Arbeitsmarktreform Hartz IV viele Millionen mehr zur Verfügung stehen werden. Die GAL schlägt vor, die einkommensabhängige Einzelfallförderung bei der Pflege zu kippen – dadurch würden weniger die Pflegebedürftigen als deren Erben geschützt, da das bisherige Modell die Auflösung von Vermögen verhindere.

Für heftige Debatten sorgen werden auch die Privatisierungsvorhaben des Senats. Jüngste Beispiele sind die Seniorenheime von „pflegen & wohnen“ sowie der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), den die Regierung sogar gegen das Ergebnis eines Volksentscheids verscherbeln möchte. Für Mittwoch hat das Hamburgische Verfassungsgericht sein LBK-Urteil angekündigt. Falls es pro Senat ausfällt, soll der Verkauf am Donnerstag in einer Sondersitzung der Bürgerschaft beschlossen werden.