Umtriebiger „Vater der islamischen Bombe“

In Pakistan ist A. Q. Khan ein Volksheld, doch könnte er auch Iran zu einem Atomwaffenprogramm verholfen haben

DELHI taz ■ US-Medien haben vor kurzem berichtet, westliche Geheimdienste und die Internationale Atomenergiebehörde seien dem Geheimnis des iranischen Atomwaffenprogramms auf die Spur gekommen. Demnach stammten die kritischen Bestandteile und Blaupausen für die Herstellung von waffenfähigem Uran aus Pakistan. Dokumente und Spuren von angereichertem Uran in zwei Reaktoren ließen laut einem von der Washington Post zitierten Geheimbericht den Schluss zu, dass das Material mit Gas-Zentrifugen extrahiert worden war.

Deren Technologie wurde in den 70er-Jahren in der britisch-deutsch-holländischen Forschungsanstalt Urenco im niederländischen Almelo entwickelt. Dort arbeitete der pakistanische Metallurgie-Ingenieur Abdul Qadeer Khan, der 1976 abrupt seinen Arbeitgeber zusammen mit den Blaupausen für die Zentrifugen verließ. Khan folgte dem Ruf von Pakistans Premier Zulfikar Bhutto, der nach Indiens Atomwaffenversuchen 1974 schwor, Pakistan werde „eher Gras essen als auf die Atomwaffe zu verzichten“. Khan baute in Kahuta eine geheime Anlage, die Pakistans Atombombe schuf. Als Indien im Mai 1998 neue Atomtests durchführte, folgte Pakistan zwei Wochen später.

Als „Vater der pakistanischen Bombe“ träumte Khan von einer „Islamischen Bombe“. Die Untersuchungen über Irans Atomprogramm zeigten nun, dass dies mehr als ein Traum war. Und die Ankündigung, dass auch Libyen ein Atomprogramm hatte, gab dem früheren Verdacht neue Nahrung, dass Pakistan auch Oberst Gaddafi mit Blaupausen und wahrscheinlich Gaszentrifugen versorgte. Bereits 2002 verdächtigten die USA Pakistan, Atomtechnologie an Nordkorea geliefert und dafür Raketenteile erhalten zu haben. Khan war offenbar selbst öfter in Nordkorea.

Sein Institut war von den USA mit einem Embargo belegt worden. Die jüngsten Vorwürfe sind nun aber offenbar so schwerwiegend, dass die Regierung in Islamabad eine Untersuchung zusagte. Der populäre Khan wurde darin bisher offenbar nicht einbezogen. Seine Schlüsselstellung wäre ohne enge Verbindungen zu Armee und Geheimdienst nicht möglich gewesen, auch wird er von islamistischen Parteien unterstützt.

Musharraf, der vor zwei Wochen einem (vermutlich islamistisch inspirierten) Attentat entging, kann diese Machtfaktoren nicht ignorieren. Auch die USA sehen das ein und wollen ihren Verbündeten nicht noch mehr in Bedrängnis bringen.

BERNARD IMHASLY