megathemen 2004
: Gestritten wird um Mehrarbeit mit oder ohne mehr Geld

Was wird in den nächsten zwölf Monaten die Gemüter in Deutschland beschäftigen – und wo liegen die Konfliktlinien? Die taz will es heute schon wissen und befragt NGOs und Verbände zu ihren Megathemen für das Jahr 2004.

Der Industrieverband Gesamtmetall will im Jahr 2004 den Tarifvertrag zu seinen Gunsten verändern. „Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich“ sollen dann möglich werden, heißt es bei Gesamtmetall. Die Entscheidung darüber müsse vermehrt bei den einzelnen Betrieben liegen.

Während heute die Arbeitszeit bei 35 Wochenstunden im Westen festgeschrieben ist, will Gesamtmetallchef Martin Kannegiesser einen Korridor zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche durchsetzen. Das sei auch gar nicht so schlimm und gar nichts Besonderes, sagen die Metallunternehmer: Heute schon dürften bis zu 18 Prozent der Belegschaft eines Betriebes mehr als 35 Stunden arbeiten. Dafür bekommen sie zur Zeit aber in der Regel auch den entsprechenden Mehrlohn ausgezahlt.

Gesamtmetall hat rund 6.000 Firmen organisiert. Über die Finanzkraft des Verbandes wird Stillschweigen bewahrt.

In der Tarifrunde 2004, die in den ersten Monaten des neuen Jahres stattfindet, wird sich die Industriegewerkschaft Metall gegen diese Forderung der Firmen wehren. Es sei durchaus denkbar, über einen Korridor der Möglichkeiten zu verhandeln, heißt es bei der IG Metall. Keinesfalls in Frage komme aber „unbezahlte Mehrarbeit“.

Nichtdestoweniger bekennt sich die Gewerkschaft zu dem Ziel, mehr Verantwortung an Unternehmen und Betriebsräte abzugeben. Bei den Verhandlungen kann die IG Metall das politische Gewicht ihrer 2,5 Millionen zahlenden Mitglieder in die Waagschale werfen. Ihr Gesamthaushalt wird im kommenden Jahr bei rund 450 Millionen Euro liegen.

Die Debatte über den Arbeitszeitkorridor ist entstanden, weil Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Rahmen seiner Agenda 2010 mit Unterstützung der Unternehmen eine Lockerung des Flächentarifvertrages anpeilt. Für den Fall, dass sich die Tarifpartner nicht selbst einigen, droht Schröder schon mit einer gesetzlichen Regelung.

HANNES KOCH