Urdrüs wahre Kolumne
: Brot statt Böller

An Heiligabend durfte ich gemeinsam mit dem selbstverständlich schwulen Starcoiffeur meines Vaterstädtchens in der Kirche die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium vortragen und wurde daraufhin nach dem Gottesdienst von einer Dame mittleren Alters beiseitegenommen und mit diesen Sätzen konfrontiert: „Ich wusste gar nicht, dass Sie auch so einer sind. Aber das hätte man sich ja denken können, so kreativ und vielseitig wie Sie sind, sind ja sonst auch alles Frisöre, Ballettänzer und Dichter!“

Die unter anderem für die Exekution von Deportationen und Abschiebungen, für Penner-Vergrellung und sonstige Dienstleistungen am asozialen Volksempfinden zuständigen rund 300 Bundesgrenzschutz-Beamten am Bremer Flughafen und am Hauptbahnhof haben jetzt in der 39-jährigen Gestalt des Uwe Köster von der Evangelischen Kirche einen eigenen Feldkaplan zugebilligt bekommen. Seelsorge leisten soll er diesen Prätorianern der Gesellschaft und obendrein auch noch „berufsethische Fortbildung“ vermitteln. Hoffentlich bleiben zwischendurch immer mal ein paar Minuten für den Samariterdienst am grenzpolizeilichen Gegenüber, wenn wieder mal kein Raum in der Herberge gefunden wurde und die Bank auf Gleis 3 eigentlich als Nachtquartier dienen sollte!

Ein echtes Hochrisiko stellt die senatorische Absicht da, im kommenden Jahr 60 Polizeianwärter mehr einzustellen als letztendlich nach der Ausbildung weiter beschäftigt werden können. Was soll denn werden aus fünf Dutzend jungen Goldkettchenträgern mit dem Traum vom BMW im Kopp, wenn die durch die Maschen der sozialen Hängematte rutschen und am Ende nix in der Tasche haben als ein Nahkampftraining, ihre zwischendurch verloren gemeldete Dienstwaffe und einiges Wissen um polizeiliche Vorgehensweisen bei Fahndung und Ermittlung? Denen reicht doch nicht der Job bei Wach- und Schließ!

„Der unwürdige Lebegreis Kresnik inszeniert immer plumper werdende Skandälchen und in der bremischen Provinz fällt man immer wieder darauf rein!“ muffelte schon vor Jahr und Tag der mittlerweile leider vom Krebs gemeuchelte Schauspieler und Regisseur Ernst Theo Richter bei einem opulenten Kohl & Pinkel-Mahl in seinem gastfreundlichen Haus in der Bismarckstraße. Und es ist bezeichnend, dass es der gutmenschliche Doppelnamen-Pastor einer hiesigen „Friedenskirche“ ist, der dem Altherren-Spekulatius nackter Näherinnen jetzt Heimstatt gibt und sich selbst wie ein Märtyrer der Aufklärung geriert, weil einige uraltlavendel-triefenden Kanzelschwalben ihm jetzt böse Briefe schreiben: „Ich habe sogar Morddrohungen erhalten, die mich aber nicht erschrecken!“ bietet Pastor Klingbeil-Jahr der protestantischen Inquisition die Stirn und weiß sich dabei von guten Mächten wunderbar geborgen. Und bitte beim Tanz um den Altar schnell mal eine Klingelbeuteleinlage dazwischenrappen! Ischa allens fürn guten Zweck ...

Die alle Jahre wiederkehrende Forderung „Brot statt Böller“ wird auch vor dieser Silvesternacht ungehört verhallen. Umso dringlicher die vom Auswärtigen Amt bislang nicht veröffentlichte Reisewarnung vor einem Trip in das jahresendzeitliche Berlin, wo es nach wie vor zur Folklore der Einheimischen gehört, vom Balkon aus ohne alle Anzeichen von Erregung in stoischem Gleichmut Chinakracher und Eigenbaubomben auf Passanten zu werfen. Entsprechenden Nervenkitzel gibt es auch zwishen Oslebshausen und Tenever, Bremerhaven und Eystrup schon mehr als genug – erinnert in der Hoffnung auf ein gesundes Wiederlesen im Neuen Jahr

Ulrich
„Krachmacher“ Reineking