Erfolgreiches Staat-Kirche-Verhältnis

betr.: „Heillose Vermischung. Von einer klaren Trennung zwischen Staat und Kirche ist Deutschland weit entfernt“ (Brennpunkt: Frankreich verbannt das Kopftuch), taz vom 18. 12. 03

In gelegentlich ermüdender Redundanz fordert die taz eine klarere Trennung von Staat und Kirche – will ja wohl heißen, die Verdrängung der Religion aus dem öffentlichen Leben. […]

Ein Blick in das Grundgesetz könnte hier für Klarheit sorgen: Religionsfreiheit gibt es als positive wie negative: Negative Religionsfreiheit schützt den Einzelnen davor, dass ihm ein religiöses Bekenntnis aufgezwungen wird. Positive Religionsfreiheit gibt Raum und fördert ihn in der Ausbildung eines religiösen Bekenntnisses. Dem kommt der Staat etwa durch den Religionsunterricht oder die Freiheit der Religionsgemeinschaften nach. Damit haben die Väter der Grundgesetzes sicher auch Konsequenzen aus den Erfahrungen des nationalsozialistischen Totalitarismus gezogen: Wo der Staat selbst die Wertorientierung seiner Bürger mitbestimmen will, steht er in der Gefahr totalitärer „Inzucht“. Darum hat das Grundgesetz in weiser Selbstbeschränkung den Religionsunterricht als besonders sensiblen Bereich der Werterziehung teilweise aus der Hand gegeben. Mit einem Diktum des Verfassungsrichters Bockenförde: „Der (demokratische) Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht geschaffen hat.“ Wer – wie Ralph Bollmann – darin eine heillose Vermischung sieht, scheint eher ein Freund der Schlichtheit. Das erfolgreich ausbalancierte Staat-Kirche-Verhältnis hat sich bewährt. […]

DETLEF LIENAU, Edemissen

Bollmann singt das hohe Lied der „klaren Tennung von Kirche und Staat in Frankreich“. Und er behauptet, „nur bei uns“ würden staatliche Finanzämter die Kirchensteuer einziehen. Doch das geschieht auch in den meisten Schweizer Kantonen und in Schweden. Und Bollmann verschweigt, dass der staatliche Einzug der Kirchensteuer kein Privileg der Großkirchen ist, sondern jeder Religionsgemeinschaft zusteht, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. So ziehen zum Beispiel die baden-württembergischen Finanzämter auch die Kirchensteuer für die kleine altkatholische Kirche und die jüdischen Gemeinden ein.

Auch im Hinblick auf Frankreich irrt Bollmann. Dort ist die Trennung von Staat und Kirche nicht so klar, wie er uns weismachen will. So trägt der französische Staat die ganze Baulast der älteren Kirchengebäude, und er bezuschusst die konfessionellen Schulen. […]

JÜRGEN WANDEL, Berlin