kommentar: abschiebung
: Humanitäre Floskeln

Die Vorwürfe der Flüchtlingsverbände werfen ein schlechtes Licht auf die selbst ernannte humanitäre Politik der Behörden: schnell vor Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes startet die Landesregierung noch eine Abschiebewelle. Die Behörden schaffen nun also schnell noch all diejenigen außer Landes, die vielleicht Glück auf ein Bleiberecht hätten. Nur weil mit Beginn des Jahres ein paar wenige, seit Jahren hier lebende, gut integrierte Ausländer die Chance erhalten könnten, dass sich die – nicht weisungsbefugte – Härtefallkommission mit ihrem Schicksal beschäftigt.

Dass diese Politik der harten Hand überhaupt nicht sein muss, zeigen die Beispiele aus Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Das nördlichste Bundesland geht in seiner Auslegung des Zuwanderungsrechts am weitesten: Es etablierte eine so genannte Vorgriffsregel. Dadurch erhalten Flüchtlinge, denen nach heutigem Recht die Abschiebung droht, die nach dem neuen Gesetz aber ein Bleiberecht erhielten, auch heute schon ein langfristiges Aufenthaltsrecht. Und auch die Praxis in Rheinland-Pfalz zeigt, dass das Humanitäre keine Floskel sein muss. Die wenigen Fälle derjenigen geduldeten Flüchtlinge, die vom neuen Zuwanderungsrecht vielleicht profitieren könnten, werden aufgeschoben.

Wenn das Innenministerium nun die Härtefallkommission als humanitäres Instrument lobt, ist das nichts als zynisch. Denn wer soll von diesem Instrument profitieren, wenn alle aussichtsreichen Antragsteller vorher abgeschoben werden? ULLA JASPER