Die Filmstadt kämpft

Vor dem Hamburger Rathaus suchten Filmmenschen den Kontakt mit den Politikern, die ihnen die Filmförderung kürzen wollen. Die Politiker allerdings zogen es vor, den Hintereingang zu nehmen

aus Hamburg Daniel Wiese

Der Luftraum gehört den Kameras, den Kameras und den Mikrofonen. „Ach bitte, Herr Lohmeyer, können Sie noch was zur Filmförderung sagen“, rufen die Journalisten, die vor dem Hamburger Rathaus in der Kälte stehen. Herr Lohmeyer sagt gerne noch was, dazu ist er ja gekommen. „Das bedeutet, dass ein Film wie „Gegen die Wand“ nicht mehr möglich ist… Vielleicht in Berlin, aber nicht in Hamburg.“

Peter Lohmeyer, im Kino zuletzt in „Das Wunder von Bern“ zu sehen, trägt wie die anderen Schauspielerkollegen eine etwas lächerliche Weihnachtsmannmütze, mit dem Unterschied, dass seine glänzt. Überhaupt ist Lohmeyer bester Stimmung. „Wo ist Ole von Beust?“, ruft er aufgekratzt und beginnt ein etwas unflätiges Stadionlied zu intonieren, in das er den Namen des Hamburger Bürgermeisters hineindichtet.

Zusammen mit Fatih Akin, der nicht kommen kann, weil er für seinen Film „Gegen die Wand“ schon wieder einen Preis entgegennehmen muss, und Moritz Bleibtreu, der leider erkrankt ist, hat Lohmeyer vor das Hamburger Rathaus eingeladen. Ziel der Aktion: Abgeordnete abfangen, bevor die in der Bürgerschaft über die Filmförderung Hamburg beraten.

Vom Weihnachtsmarkt ziehen Würstchendüfte herüber, weiter links taucht jemand mit einer dicken Hornbrille auf, die Brille kennt man doch, ja richtig, es ist Wim Wenders. Die Fotografen umringen Wenders, auf dessen Kopf eine winzige Weihmachtsmannmütze drapiert ist. Wenders spricht in das Mikrofon von Sat1, bevor er sich mit seinen Kollegen vor einem Transparent aufbaut. Auf dem Transparent steht: „Filmstadt Hamburg … Tschüss!“, aber noch kämpft sie, die Filmstadt Hamburg.

Lohmeyer, leicht auf Krawall gebürstet, hat sich inzwischen zum Rathauseingang vorgekämpft, wo er versucht, eine ältere Dame abzufangen, die sich an ihm vorbeidrücken will. „Ich habe da ein Geschenk für Sie!“, ruft Lohmeyer und will ihr eine DVD mit Fatih Akins Film „Gegen die Wand“ überreichen, dem derzeitigen Aushängeschild der Hamburger Filmszene. Die Dame wehrt ab. „Ach, Sie sind gar keine Abgeordnete?“, fragt Lohmeyer verdutzt.

Mittlerweile bilden die Filmschaffenden ein enges Spalier vor dem Rathauseingang, darunter jetzt auch der Regisseur Hark Bohm und die „Gegen die Wand“-Schauspielerin Sibel Kekilli. Nur die Abgeordneten zeigen sich nicht. „Die gehen alle durch den Hintereingang“, mault ein Pressefotograf. Die Filmmenschen drängen zum Eingang, wenn die Politiker nicht zu ihnen kommen, wollen sie hinein.

Plötzlich tauchen aus dem Inneren des Gebäudes Uniformierte auf. Wim Wenders zieht sich als Erster zurück, nachdenklich streicht er über sein Kinn. Wahrscheinlich überlegt er, wie viel Ärger die Sache wohl wert ist. Doch auch die anderen kommen nicht weit, die Polizisten drängen sie aus dem Rathauseingang. Die Demonstration sei aufgelöst, sagt ein Polizist. „Ich fordere Sie auf, die Bannmeile zu verlassen.“ Und so wurde auch diese friedliche Aktion mal wieder nach Hamburger Art beendet.