Bremen bleibt Durchschnitt

Effekte der Sanierungsinvestitionen sind in einem Vergleich der 15 größten deutschen Städte nicht erkennbar, das ergibt eine Studie des Institutes für Arbeit und Wirtschaft (IAW). Bremen hielt sich im unteren Mittelfeld – und ist vom Abstieg bedroht

Ein Effekt der Sanierungsmilliarden ist nicht zu erkennen

Bremen taz ■ Seit Jahren untersuchen Experten vom Institut für Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen die Entwicklung der deutschen Großstädte. Jetzt haben sie eine 300 Seiten dicke Expertise über die Jahre 1990 bis 2000 vorgelegt. Das Ergebnis des Vergleichs der 15 großen deutschen Städte ist für Bremen nicht schmeichelhaft: Bremens Chance sei „die Mitte im deutschen Städtesystem“, heißt es da. Doch sei Bremen in Gefahr, in die Gruppe der Städte mit „prekärem Strukturwandel und Schrumpfung“ abzurutschen, in der zum Beispiel Dortmund und Duisburg sind. Effekte der gewaltigen Investitionssummen, die Bremen über die Sanierungshilfe zur Verfügung gehabt habe, ließen sich im Vergleich der Großstädte nicht erkennen, erklärte der Wissenschaftler Thomas Schwarzer.

Anhand von 21 Indikatoren haben die Wissenschaftler die Großstädte verglichen. Schlusslicht ist Bremen beim Stichwort „urbane Demokratie“. In allen vergleichbaren Großstädten werde der Bürgermeister direkt vom Volk gewählt, in keiner Stadt haben die Wähler so wenig Einfluss auf den Erfolg der Kandidaten bei der Wahl – in Bremen werden die Plätze auf den Listen ausschließlich von den Parteien vergeben. In Hamburg gebe es zum Beispiel einen Volksentscheid in Stadtteilfragen auf Bezirksebene, in Bremen nichts Vergleichbares. Und während in den meisten Städten auch die Verwaltung dezentralisiert werde, zentralisiere man gerade in Bremen. Rolf Prigge, Leiter der Studie, regte an, dass in Bremen bei einer Wahlrechtsreform (Einteilung in Wahlkreise) auch gleich die weitgehend einflusslose Ortsamtsstruktur korrigiert werden könne – im Sinne einer Stärkung größerer Bezirke.

Im Wesentlichen vergleicht die Studie die ökonomischen Daten. Beim „Bruttoinlandsprodukt“ (BIP) pro EinwohnerIn liegt Bremen auf Platz neun der 15 Städte (1990 mit 27.237 Euro, 2000 mit 33.000 Euro). Hamburg etwa liegt deutlich vor Bremen (33.336 Euro in 1990, 42.031 Euro in 2000), Frankfurt erwirtschaftet mit 68.000 Euro pro EinwohnerIn ein doppelt so großes Bruttoinlandsprodukt. Entscheidend für die Bewertung des Sanierungseffektes: Bremens Wirtschaft wuchs in den Jahren der Sanierungsinvestitionen keinesfalls überdurchschnittlich.

Das zeigt auch der Vergleich der Steuereinnahmen pro Kopf: Bremen lag 1990 mit 1.287 Euro auf Platz zwei, rutschte 2000 auf Platz neun (949 Euro) ab. Nur Berlin hatte eine schlechtere Entwicklung. Bei den Schulden (und damit den Zins-Belastungen) ist Bremen derweil einsame Spitze. Die Ausgaben für soziale Leistungen pro Kopf liegen übrigens in Frankfurt trotz geringerer Arbeitslosenquote gleich hoch, in Hannover (gleiche Arbeitslosenquote) sogar höher als hier.

In einem Diagramm haben die Autoren der Studie die beiden Schlüssel-Indikatoren BIP und Steuereinnahmen pro Einwohner abgebildet. Lag Bremen 1990 bei den Pro-Kopf-Steuereinnahmen noch über dem Durchschnitt, so ist es heute auch bei diesem Indikator auf das Essener Niveau zurückgefallen. An der unterdurchschnittlichen Größe des BIP hat sich nichts geändert. Geboomt haben Zentren wie Frankfurt, Düsseldorf, München oder Stuttgart. Der Abstand Bremens zum Mittelfeld (Hannover, Hamburg, Köln, Nürnberg) ist so groß geworden, dass die Autoren der Studie nicht davon ausgehen, dass Bremen in ein paar Jahren noch zu der Gruppe der „durchschnittlichen Entwicklung“ der 15 Großstädte gerechnet werden könne – wenn der Trend sich so fortsetze. Städte wie Bremen seien „auf günstige Rahmenbedingungen angewiesen, um ihre Stellung halten oder ausbauen zu können“. Klaus Wolschner

Die Studie: www.iaw.uni-bremen.de