bvg-metrolinien
: Gute Werbung, schlechtes Produkt

Der einzige ehrliche Werbeslogan, der je in Deutschland plakatiert wurde, lautete: „Raider heißt jetzt Twix – sonst ändert sich nix.“ Was zutiefst unehrliche Werbung ist, haben uns die Verkehrsbetriebe vorgemacht. Ihr aus dem Zwang zum Sparen geborenes Verkehrskonzept „BVG 2005 plus“ haben sie als wundersames Aufputschmittel angepriesen. In Wirklichkeit ist es eine abgestandene Brühe.

Kommentarvon CLAUDIUS PRÖSSER

Natürlich gab es beim Start von „2005 plus“ kein Chaos, wie die BVG stolz verkündet. Wie auch? Wenn am Stadtrand Haltestellen abmontiert werden, bleiben die Betroffenen mit ihrer Wut allein. Dass umgekehrt in der City die „Metrolinien“ ein bisschen häufiger fahren, merkt kaum jemand. Die mit lauten Fanfaren angekündigten Verbesserungen sind marginal. „Schnell. Direkt. Sicher“: Noch ein Slogan, der jetzt auf den Bussen prangt. Aber was heißt das schon? Schneller fahren Busse und Trams nicht: Das verkehrstechnische und -politische Instrumentarium, das für Beschleunigung sorgen könnte – Busspuren, Vorrangschaltungen, Streckenbegradigungen –, kam kaum zur Anwendung. Die Vorteile leicht verdichteter Takte werden durch häufigeres Umsteigen aufgefressen. Und „vergleichbar mit der U-Bahn“ ist ein 20-Minuten-Takt nach 22 Uhr schon gar nicht.

Eines muss man der „Formel-M“-Kampagne zugestehen: Sie ist gut gemacht. Aber die beste Werbung wendet sich gegen ihr Produkt, wenn sie so offenkundig die Realität verleugnet. In einem Jahr will die BVG Bilanz ziehen und – vielleicht – nachbessern. Man wird sie daran erinnern müssen. Dass die „Formel M“ jährlich „bis zu 18 Millionen neue Fahrgäste“ beschert, dürfte ein Wunschtraum bleiben. Aber „bis zu“, das ist ja auch wieder so ein Werbetrick.

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