Eisige Kälte, warme Herzen

Nach dem 1:0 gegen den 1. FC Köln ist der MSV Duisburg plötzlich Tabellenführer der zweiten Fußball-Bundesliga und die Fans wagen langsam an den Aufstieg in die Erstklassigkeit zu glauben

AUS DUISBURG HOLGER PAULER

Zumindest das Duell der beiden Mittelfeldregisseure endete unentschieden. Der Urkölner Dirk Lottner, vor der Saison ausgemustert und zum MSV Duisburg gewechselt, und sein Nachfolger im Dress des 1. FC Köln, Vassilos Tsiartas, immerhin griechischer Europameister, taten sich im Spiel nicht wirklich viel. Das Duell war nicht spielentscheidend. Dass der MSV Duisburg am Ende mit 1:0 siegte und nun statt der Kölner als Herbstmeister der zweiten Bundesliga überwintert, lag an einer Einzelleistung eines anderen ehemaligen Kölners. Markus Kurth setzte sich an der Strafraumgrenze durch und konnte nur durch ein Foul gestoppt werden. Abdelaziz Ahanfouf verwandelte den fälligen Strafstoß.

Auf dem Platz wirkten Lottner und Tsiartas wie Doubletten – Meister des diagonalen Passes, ausgestattet mit einem starken linken Fuß, nur etwas lauffaul. Der Unterschied an diesem sibirisch kalten Sonntagabend in der Duisburger MSV-Arena war allenfalls im Zeitpunkt der Auswechslung zu erkennen. Während Kölns Trainer Huub Stevens in der 71. Minute versuchte, mit Markus Feulner neue Impulse ins Angriffsspiel der Kölner zu bringen, durfte Dirk Lottner zwölf Minuten später den Platz unter großem Beifall der MSV-Fans verlassen – kurz nach der Duisburger Führung. Auch ein Zeichen des Stellenwerts, den Lottner trotz anfänglicher Probleme in der Duisburger Mannschaft besitzt. Tsiartas, der erst seit knapp zehn Tagen in Köln weilt, muss sich den Stellenwert noch erarbeiten. „Es ging eben nicht gegen Trier oder Ahlen. Es war ein ganz besonderes Spiel für mich“, sagte Lottner, der natürlich auch seinem FC den Aufstieg in die erste Liga gönnt.

Nicht nur beide Spielmacher, auch beide Mannschaften pflegen ein fast identisches System. Ein kompaktes Mittelfeld, davor bewegliche Spitzen. Auch hier kam es zum Aufeinandertreffen zweier auffälliger Spielertypen: Abdelaziz Ahanfouf und sein Gegenüber Lukas Podolski. Podolski jettete nach dem Spiel mit der A-Nationalmannschaft nach Asien – der Grund, weshalb das Spiel von Montag auf Sonntag verschoben wurde. Ohne Not. Podolski fiel kaum auf. Seine größte Chance vergab er kurz nach der Pause, allein vor MSV-Torhüter Georg Koch. Ahanfouf traf zumindest per Elfmeter.

„Ich bin froh, dass wir nicht mehr der große Favorit auf den Aufstieg sind“, sagte Huub Stevens nach dem Spiel, „der MSV gehört jetzt mit dazu, sie haben verdient gewonnen.“ Mehr hatte der Kölner Trainer zum Spiel nicht zu sagen. Auch sein Gegenüber Norbert Meier hielt sich zurück. „Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch.“ Keine weitere Nachfragen. Alle waren froh, die Pressekonferenz verlassen zu können. Der Grund: Bei Minusgraden fand die improvisierte Veranstaltung in einem 50 Quadratmeter großen Zelt statt. Die aufgestellten Heizlüfter konnten die Kälte nicht vertreiben.

Die MSV-Arena wurde zwar schon vor mehreren Wochen eröffnet, der Feinschliff fehlt noch. Dennoch war zu merken, wie stolz der Verein um Präsident und Bauherr Walter Hellmich auf die neue Spielstätte ist. 30.700 Zuschauer sorgten für ein ausverkauftes Duisburger Stadion. Erstmals seit vielen Jahren. Dass die Miniausgabe der Schalke-Arena den Duisburger Verhältnissen angemessen ist, zeigt auch die Tatsache, dass über 6.000 Kölner nötig waren, das Stadion zu füllen. Wer das alte, zugige, stimmungstötende Wedaustadion kennt, wird den Fortschritt allerdings schnell bemerken.

Das Duisburger Comeback in der ersten Liga nach vier Jahren grauen Zweitligamittelmaßes ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Die Fans wissen, wem sie es zu verdanken haben. Präsident Walter Hellmich wurde vor dem Spiel lautstark gefeiert. Er hat das Stadion in Rekordzeit hochgezogen. Gut ein Jahr dauerten die Renovierungsarbeiten. Der Umbau der Mannschaft dauerte ähnlich lang. Innerhalb der letzten 18 Monate schleuste Trainer Norbert Meier über 20 neue Spieler durch. Jetzt scheint die Mischung zu stimmen.

Trotzdem kann Meier von Ovationen nur träumen. Vor Monaten wurde noch sein Rausschmiss gefordert, mittlerweile scheinen die Fans seine Arbeitsweise zu akzeptieren. Es gab sogar erste, vorsichtige Sprechchöre. Und als sich Norbert Meier und Dirk Lottner nach dem Spiel umarmten, brandete der Beifall lautstark auf. Er galt wohl tatsächlich beiden.