FDP ermahnt Union: „Pacta sunt servanda“

Auch eine schwarz-gelbe Koalition könne Türkei-Beschlüsse der EU nicht zurückdrehen, sagt FDP-Fraktionschef Gerhardt

BERLIN taz ■ Kurz vor der Entscheidung der EU über Beitrittsverhandlungen mit der Türkei spitzt sich der innenpolitische Streit zu. Grünen-Chefin Claudia Roth warf der Union gestern vor, ihr Widerstand gegen eine Aufnahme der Türkei habe „langsam den Charakter von Kreuzzügen angenommen“. Auch zwischen Union und FDP traten deutliche Differenzen zutage.

Die Liberalen kritisierten die Ankündigung der Unions-Chefs Edmund Stoiber und Angela Merkel, eine von ihnen geführte Regierung werde nach 2006 auf jeden Fall alles unternehmen, damit die Türkei kein EU-Mitglied wird. Gegenüber der taz sprachen sich die FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt und Max Stadler gegen diesen Kurs aus.

„Die Verhandlungen mit der Türkei müssen ergebnisoffen geführt werden und können damit natürlich auch zu einem anderen Ergebnis als dem einer Vollmitgliedschaft führen“, sagte FDP-Fraktionschef Gerhardt der taz. „Es sollte Optionen geben. Den nun zu erwartenden EU-Beschluss über Verhandlungen allerdings zurückzudrehen, wird die FDP in einer Regierungsbeteiligung nicht mitmachen.“

Der Abgeordnete Stadler erklärte: „Es ist immer eine Grundlinie der deutschen Außenpolitik gewesen, den von Franz Josef Strauß oft zitierten Satz zu beherzigen: ‚pacta sunt servanda‘ (Verträge sind einzuhalten).“ Dazu gehöre, dass sich alle Bundesregierungen an internationale Abmachungen ihrer Vorgängerregierungen halten müssten, „so wie seinerzeit die Ostverträge auch von Helmut Kohl nicht in Frage gestellt wurden“. Diese Kontinuität sei eine „unerlässliche Voraussetzung für die Außenpolitik“. Der FDP-Politiker betonte: „Dies gilt auch für das Verfahren zur eventuellen Aufnahme der Türkei.“ LUKAS WALLRAFF