Ein-Euro- heißt jetzt Zusatzjob

Zwei Wochen vor Einführung des Arbeitslosengelds II ziehen Landesregierung und Arbeitsagentur eine positive Bilanz – doch tausende Antragsteller haben aufgegeben. Finanzierung unzureichend

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Das Arbeitslosengeld II wird termingerecht ausgezahlt. Wer seinen Antrag bis zum 17. Dezember einreiche, werde die neuen Zahlungen nach dem Hartz IV-Paket Ende des Monats erhalten, so Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Harald Schartau und Landesarbeitsagentur-Chefin Christiane Schönefeld (beide SPD). „Wir werden mit jedem Tag sicherer, dass wir die termingerechte Auszahlung schaffen werden“, sagt Schönefeld.

Schartau, der auch Vorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD ist, will „vor allem Ängste nehmen und informieren“. Dazu versucht der Sozialdemokrat als allererstes, die von der Bundesregierung so genannten Ein-Euro-Jobs in „Zusatzjobs“ umzubenennen. „Ein-Euro-Jobs erwecken in der Bevölkerung den Eindruck, dass nur ein Euro in der Stunde bezahlt wird“, fürchtet Schartau. Dabei erhielten die Arbeitssuchenden 350 Euro Grundsicherung, Wohnkosten und Sozialversicherung – und einen Euro pro Stunde „obendrauf“. Auch eine Umzugswelle in billige Wohnungen werde es in Nordrhein-Westfalen nicht geben, versichert der Minister: Schon heute leben die Bezieher von Arbeitslosenhilfe in „angemessenen“ Wohnungen: Ihre durchschnittliche Miete ist nicht höher als die der bisherigen Sozialhilfebezieher.

Dennoch scheinen bereits tausende Antragsteller die Hoffnung auf staatliche Unterstützung aufgegeben haben. Auf dem Weg zur abschließenden Bearbeitung ist die Zahl der Anträge von 498.000 auf rund 350.000 geschrumpft. „Das sind Abgänge in Arbeit, Mutterschutz, Rente oder ähnliches“, argumentiert Schönefeld, deren offizieller Titel in schönstem Beamtendeutsch „Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit“ lautet. Wie viele Menschen ihren Antrag aber wegen absehbarer Erfolgslosigkeit – weil die Partnerin oder der Partner zu viel verdient – zurückgezogen haben, will die Vorsitzende nicht wissen. Dazu lägen derzeit noch keine Zahlen vor, sagt Schönefeld.

Ebenso unklar bleibt die konkrete Ausgestaltung der von Schartau als „Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt“ gepriesenen Ein-Euro-Jobs. Noch steht nicht fest, wer wie oft eine solche Zuverdienstmöglichkeit bekommen soll. Erst auf Nachfrage räumt Schönefeld ein, dass nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, um jedem Langzeitarbeitslosen ein solches Angebot zu machen – Schartau selbst rechnet mit bestenfalls 10.000 Zusatzjobs. „Die Menschen sollen in den ersten Arbeitsmarkt“, kontert der Minister.

Die CDU dagegen hat gerade die Zuverdienstmöglichkeiten im Blick. „Wir werden uns die Auswirkungen von Hatz IV Anfang kommenden Jahres genau anschauen müssen, kündigte Karl-Josef Laumann, Arbeitsminister im Schattenkabinett von Oppositionsführer Jürgen Rüttgers, gestern bei seiner Vorstellung an. Derzeit legten die Arbeitsagenturen den Schwerpunkt auf die pünktliche Auszahlung – und nicht auf die Vermittlung in reguläre Arbeit, so der Nachfolger des über eine Filzaffäre gestürzten Hermann-Josef Arentz: „Und das werde ich Schartau im Januar vorwerfen.“