Nun singet und seid froh-ho-ho

Das Hamburger Portal www.petriklingel.de bietet Kirchenlieder als Klingeltöne an. Zielgruppe sind „die Handybesitzer unter den 50 Millionen deutscher Christen“. Der Erlös kommt der Orgel des Gotteshauses zu Gute

Das Schöne an Handyklingeltönen ist, dass sie uns mehr über die Handybesitzer verraten, als ihnen lieb sein sollte. Verlässt zum Beispiel jemand mit hochrotem Kopf das Kino, während sein Handy in zunehmender Lautstärke Tschaikowskys Nussknacker abspielt, wissen wir, dass er ein Angeber ist. Er wählt ein Klassik-Motiv, um mit Bildung zu prahlen, aber weil er das nächstbeste wählt, zeigt er, dass er eigentlich keine Ahnung hat.

Handyklingeltöne sind ein wunderbares Feld für die Untersuchung der „feinen Unterschiede“, wie sie der französische Soziologe Pierre Bourdieu in den 70ern vorexerziert hat. Zeig mir deinen Klingelton, und ich sage dir, welcher sozialen Schicht du angehörst / über welchen Bildungsgrad du verfügst.

Eine großartige Möglichkeit, sich mit Klingeltönen im sozialen Feld zu positionieren, bietet jetzt die Hamburger Kirchengemeinde St.Petri mit dem „ersten Portal für christliche Klingeltöne“ an. Auf der Homepage www.petriklingel.de kann man sich derzeit fünf verschiedene Kirchenlieder als Klingelton herunterladen. Es handelt sich dabei um „Lobet den Herren“, „Nun danket all und bringet Ehr“, „Nun singet und seid froh“, „Macht hoch die Tür“ und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“.

Das Angebot, das sich an die „Handybesitzer unter den 50 Millionen deutschen Christen“ wendet, kommt im gestochen klaren Orgelsound und lässt sich sowohl poly- als auch monophon herunterladen – je nachdem, ob man nur die Melodie oder auch eine Begleitung dazu haben will. Ein Klingelton kostet 1,99 Euro, die der Orgel von St.Petri zugute kommen.

Die Betreiber von www.petriklingel.de haben angekündigt, dass sie das Angebot weiter ausbauen wollen. Wir begrüßen das nachdrücklich. Als Klingelton für den Badeurlaub würde sich etwa „Ich habe nun den Grund gefunden“ anbieten. Für Menschen, die auf Züge warten, käme „Wenn mein Stündlein vorhanden ist“ in Frage.

Beim Versuch, die Klingeltöne in der taz-Redaktion herunterzuladen, traten zunächst technische Probleme auf. Diese könnten sein: Das Mobiltelefon ist nicht für den Empfang von MMS eingerichtet, der Speicherplatz ist voll oder man möchte einen polyphonen Ton, den das Uralt-Handy nicht abspielen kann. Ein freundlicher Mitarbeiter des Klingelton-Krisendienstes nahm sich der Sache sofort an und wie durch eine göttliche Fügung sang das Handy dann doch noch und war froh. Daniel Wiese