Tücken & Lücken (9)
: Arbeitslose zweiter Klasse

Womit wir rechnen müssen. Worauf wir bestehen können. Immer mittwochs erklärt uns die Solidarische Hilfe e.V. die Tücken und Lücken von Hartz IV

Kaum beachtet, aber dennoch als wirksam dürfte sich der § 46 (4) des neuen SGB II erweisen. Danach soll die Bundesagentur für Arbeit für jeden Erwerbslosen, der von Arbeitslosengeld I in die neue Sozialhilfe (Arbeitslosengeld II) fällt, einen „Aussteuerungsbetrag“ in Höhe des zwölffachen monatlichen Zahlbetrages, also circa 10.000 Euro an die Bundeskasse des Herrn Eichel zahlen. Dieser Betrag von geschätzten 6,7 Milliarden Euro jährlich, liegt deutlich über dem Bundeszuschuss von vier Milliarden aus dem Bundeshaushalt an die Bundesagentur. Damit werden die Beitragszahler faktisch den Bund subventionieren.

Dieser Aussteuerungsbetrag dürfte auch die Betriebsamkeit der Vermittler beflügeln, sich vorrangig mit der Vermittlung der kurzzeitig Erwerbslosen im Bezug von Arbeitslosengeld I zu befassen. Denn kann innerhalb des ALG I-Bezuges kein Job vermittelt werden, wird die Strafe von 10.000 Euro fällig.

Hatte es noch bei der Begründung der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe geheißen, damit sollten die SozialhilfebezieherInnen in den Genuss der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der Vermittlungsbemühungen der Arbeitsämter kommen, so verkehrt der Aussteuerungsbetrag diese Argumentation und die entsprechenden formellen Rechtsbestimmungen in das genaue Gegenteil.

Eine von Strafandrohung getriebene Vermittlung wird die „guten“ Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt für die reservieren, die sonst die Buße nach sich ziehen, wenn ihre ALG I-Zeit ohne Job zu Ende geht.

Für die BezieherInnen des neuen Arbeitslosengeldes II verbleiben die so genannten „Injobs“ für einen Euro Zusatzverdienst die Stunde.

So wird eine neue Hackordnung zementiert.

Wenn die Politik davon ausgeht, dass sich nur fünf Prozent der Injobber am Ende der Maßnahme auf dem ersten Arbeitsmarkt wiederfinden, ist dies ein negatives Eingeständnis – Hoffnung auf ein Ende der steigenden Erwerbslosigkeit besteht nicht. Steigende Arbeitszeiten, sinkende Löhne, von Politikern aus Berlin propagiert, sind ein todsicheres Mittel, Gewinne und die Erwerbslosenzahlen nach oben zu treiben.

ALG II-BezieherInnen bleibt der Durchlauf zwischen „Injobs“ und Schikane. Sie sind Erwerbslose zweiter Klasse – moderne „Leibeigene“ des extra für sie geschaffenen Vermittlungsapparats aus Netzwerken und BAGIS.