Sarrazin kontert Klage

Senator bestreitet Tempodrom-Vorwürfe. Seine Anwältin ist als Verteidigerin von Exbankchef gut im Training

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in der Tempodrom-Affäre erneut zurück. In einer über 50-seitigen Stellungnahme, die bis zum heutigen Fristende bei Gericht vorliegen soll, stellt er sein Handeln in der Finanzierung des Kulturbaus als rechtlich korrekt dar.

Die Staatsanwaltschaft wirft Sarrazin in ihrer Anklageschrift Untreue zu Lasten des Landes vor. Ob die zuständige 36. Wirtschaftsstrafkammer des Landgericht der Anklage folgt und einen Prozess eröffnet, ist weiter offen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mochte gestern Spekulationen nicht bestätigen, dass das noch vor Weihnachten geschieht.

Sarrazins Anwältin Anke Müller-Jacobsen ist für einen möglichen Prozess – es wäre der erste gegen einem amtierenden Senator – gut im Training. Derzeit verteidigt sie den ehemaligen Landesbankvorstand Ulf-Wilhelm Decken. Ihm wird wie seinen früheren Vorstandskollegen Jochem Zeelen Bilanzfälschung Ende der 90er-Jahre vorgeworfen. Das im Mai begonnene Verfahren am Landgericht, wo ursprünglich heute ein Urteil hätte fallen können, wird nach neuen Beweisanträgen und Zeugenanhörungen ins neue Jahr gehen.

Müller-Jacobsen, auch Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin, scheint ihrem Mandanten Sarrazin in puncto Hartnäckigkeit und – fehlender – Diplomatie nicht unähnlich. Ähnlich detailversessen wie der Finanzsenator bei Ausgaben noch im abgelegensten Haushaltsbereich hinterfragte sie gestern im Decken-Prozess, ursprünglich als Plädoyer-Termin gedacht, noch einzelne Formulierungen eines Gutachtens. Dabei störte sie sich auch nicht an dezenten Hinweisen der vorsitzenden Richterin, wonach diese Fragen entweder nicht weiterführten oder schon längst gestellt und beantwortet waren.

STEFAN ALBERTI