Der Baum kommt vom Hof

Was in den letzten Tagen vor Weihnachten an Tannen verkauft wurde, nützt den Bauern mehr als den Förstern, vor allen aber den Dänen. Denn die belieferten fast ganz NRW mit Weihnachtsbäumen

VON ELMAR KOK

Was bald von der Müllabfuhr in ihrer Stadt abgeholt wird, wird wohl anschließend das erste und letzte Mal mit deutscher Erde in Berührung kommen. Die Kompostierung ihres Weihnachtsbaumes durch die Entsorgungsunternehmen wird wahrscheinlich die einzige intensive Begegnung des Baumes mit der deutschen Landwirtschaft sein. Der größte Teil der in Deutschland verkauften Weihnachtsbäume komme schließlich aus Dänemark oder anderen nordeuropäischen Ländern, erläutert Lorenz Lüke-Sellhorst vom Forstamt im sauerländischen Olpe das Dilemma des zum Christfest geschlagenen Germanenbaumes.

Die Wälder in Nordrhein-Westfalen haben von den Millionen verkauften Weihnachtsbäumen nämlich gar nichts. Wer Glück hatte und einen nordrhein-westfälischen Baum erwischte, der macht wahrscheinlich einen Bauern aus dem Sauerland mit seinem Kauf glücklich. „Damit ist immer ein guter Euro zu machen“, sagt Lüke-Sellhorst. Die Landwirte besserten mit dem Christbaumverkauf ihre Jahresbilanz auf. Letztlich werden die Tannen in Monokulturen beim Bauern angebaut. Aus den Forsten von NRW kommen keine Christbäume, denn die Forstwirtschaft hat von der Landesregierung zum Ziel gesetzt bekommen, mit dem „Wald 2000 Programm“ den Laubwaldanteil zu steigern. Außerdem gelten Sonderkulturen, wie Weihnachtsbaumpflanzungen hier im Land gar nicht als Wald. Dementsprechend gebe es Fördermittel für die Waldbesitzer, die ihre Nadelwälder mit Laubwald „untersetzen“, erläutert Jan Preller, Förster und Sprecher des Forstamtes in Paderborn. Hoch im Kurs des Landes steht gerade die „rotkernige Buche“.

Die „Weihnachtsbäume“ in den Wäldern Nordrhein-Westfalens seien sowieso nur eine Zwischenlösung gewesen, sagt Preller. Denn nach den Kriegen seien auch mit Hölzern aus den nordrhein-westfälischen Wäldern Reparationszahlungen vorgenommen worden: „Da hat es dann große Kahlschläge gegeben.“ Mit den anschließend zur Begrünung angepflanzten, schnell wachsenden Nadelhölzern ist auch zu Weihnachten kein Geschäft zu machen, denn zum Christbaum wird am liebsten die Nordmann-Tanne erkoren. Die Fichte als Ersatz-Reparation wollte in den letzten Jahren kaum jemand zu Weihnachten. Zudem hat die Fichte ein anderes Problem: „Sie ist abhängig von der Bauindustrie“, weiß Preller.

In Zeiten der Globalisierung geht es dem NRW-Holzmarkt nicht gut. Zudem liegen an Rhein, Ruhr und Lippe 70 Prozent des Waldes in privater Hand. Es gebe zu viele Besitzer, die gerade mal einen Hektar, das sind 100 mal 100 Meter, Wald besitzen, sagt Preller. „Die müssen sich dann zusammenschließen, um ihr Holz zu verkaufen.“Dass momentan die Käufer den Holzmarkt bestimmten, sei für diese Anbieter schlecht. Allerdings müsse man auch sehen, dass Wald nicht mehr Wirtschafts- sondern auch Erholungsfaktor sei, sagt Preller. Bevor in Nordrhein-Westfalen Holz verkauft werde, „dreht sich der Förster drei Mal um den Baum.“ Das sei in Kanada und auch in Rußland anders. Man bräuchte für den Wald in Nordrhein-Westfalen eine Imagekampagne, sagt der Paderborner Förster. In Niedersachsen liefe gerade eine für die Kiefer. Und das habe dem Baum einen Schub gegeben, sagt Preller. Während die Eiche in den Preisen gerade ein bischen anziehe, „Kiefer“, sagt Preller, „Kiefer geht gerade gar nicht.“