Unendliche Chronik einer Familie

„Heimat“ war ein Urknall, unerhört und sonderbar unerwartet wie fünf Jahre zuvor die US-Serie Holocaust. Denn dass 1984, im Jahr nach dem geistig-moralischen Wendepunkt, eine TV-Reihe so übertitelt war, passte gut in die Gefühlslage der Nation. Über 15 Stunden erzählte Autor und Regisseur Edgar Reitz die Chronik einer Familie im Hunsrück zwischen 1919 und 1982. Die Saga aus dem fiktiven Dorf Schabbach sprengte Quotenrekorde und wurde zum Exportschlager. Provinz als Spot, eine erdverbundene Familie als Plot – die Idee hätte von der CDU stammen können. Doch sie kam vom damals 52-jährigen Edgar Reitz, Mitbegründer des neuen deutschen Films. So thematisierte das Projekt mehr als zu verklären und sorgte für heftige Diskussionen. Bei dieser Resonanz drehte Reitz fast zwangsläufig „Die Zweite Heimat“ und holte darin die Sechzigerjahre nach. Zu unkritisch, so scheint es, denn die 13 Sequels fielen 1992 beim wiedervereinigten Publikum durch. Dass die Familie Simon nun in „Heimat 3“ auch noch sechs Spielfilme lang die Wende nacherlebt, ist dennoch folgerichtig. „Das Prinzip des unendlichen Erzählens“ nennt Reitz „ein großes Stimulans. Ich kann überhaupt nicht aufhören damit.“ Zumal die Charaktere noch nicht durcherzählt seien. Und der Zyklus bis dato eine westdeutsche Angelegenheit ist. Damit sich dies möglichst authentisch ändert, hat Reitz Thomas Brussig als Co-Autor engagiert und lässt „Heimat 3“ am 9. November 1989 beginnen. Dass sie tatsächlich im Jahr 2000 endet, darf allerdings bezweifelt werden.  JF