„Wege in Arbeit“ führen ins Abseits

1-Euro-Jobs gibt es in Köln schon seit einem Jahr. Die Bilanz des Projekts „Wege in Arbeit“ zeigt: Nur gut jeder Zehnte hat danach einen richtigen Job gefunden. Aber ein Viertel der Teilnehmer fällt aus der Sozialhilfe – wegen „Sonstiges“

Köln taz ■ Ab Januar werden sie zu tausenden auf Kölner Langzeitarbeitslose zukommen: die viel diskutierten 1-Euro-Jobs. Einen Vorgeschmack darauf haben 1.527 Kölner Sozialhilfeempfänger bereits in diesem Jahr bekommen. Seit November 2003 betreibt das Kölner Sozialamt zusammen mit vier Beschäftigungsträgern das Projekt „Wege in Arbeit“. Knapp 500 „Arbeitsgelegenheiten“ haben die Träger dafür in ihren Werkstätten und Einrichtungen geschaffen. Das Ziel: Langzeitarbeitslose „arbeits- und vermittlungsfähig“ zu machen, „damit sie genau so viele Chancen wie Kurzzeitarbeitslose haben, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen“, sagte Kölns Sozialdezernentin Marlis Bredehorst bei der Vorstellung der Bilanz. Die vorgestellten Zahlen lassen an dem hehren Ziel allerdings Zweifel aufkommen: Danach fanden von 1.007 Arbeitslosen am Ende der Maßnahme lediglich 130 eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt.

Diese Zahlen will der Leiter des Kölner Jobcenters, Michael Lätsch, freilich nicht überbewerten. Auch die übrigen Projektteilnehmer hätten nach Beendigung ihres sechsmonatigen „Integrationsjobs“ bessere Vermittlungschancen und würden weiter im Jobcenter betreut. Außerdem, betonte Lätschs Vorgesetzte Bredehorst, gehe es bei den 1-Euro-Jobs vor allem darum, „Vermittlungshemmnisse“ abzubauen. 85 Prozent der arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger seien ja gar nicht sofort vermittelbar: 57 Prozent seien überschuldet, 31 Prozent hätten ein „Wohnungsproblem“, 28 Prozent kämpften mit gesundheitlichen Einschränkungen und 22 Prozent hätten ein Suchtproblem. Auch die Kölner Arbeitsagentur hat laut Bredehorst inzwischen festgestellt, dass nur rund 10 Prozent der Arbeitslosenhilfeempfänger sofort arbeiten könnten. Den anderen müsse man erst einmal helfen, sich wieder „an die Bedingungen des ersten Arbeitsmarktes zu gewöhnen“, so Bredehorst.

Das nützt freilich wenig, solange sich am Hauptproblem von Arbeitslosigkeit – dem Mangel an Arbeitsplätzen – nichts ändert. Bredehorst gibt das auch unumwunden zu: „Unser Ziel ist nicht, mit 1-Euro-Jobs neue Arbeitsplätze zu schaffen. Arbeit entsteht woanders.“ Und Annemarie Fahle-Hecker vom beteiligten Träger IB (Internationaler Bund) sagt: „Natürlich gibt es nicht genug Jobs für alle.“ Sie kann sich daher gut vorstellen, dass es bei Arbeitslosen auch „Frust schafft“, wenn man nach sechs Monaten „Integrationsjob“ keine Arbeit findet.

Trotzdem lässt man beim Projekt „Wege in Arbeit“ die ausgewählten Sozialhilfeempfänger – wie zukünftig beim Arbeitslosengeld II – natürlich nicht selbst entscheiden, ob sie einen 1-Euro-Job wollen oder nicht. Wer eine Mitarbeit ablehnt, bekommt die Sozialhilfe zunächst gekürzt und dann gestrichen. Wie viele solcher Fälle es bislang gab, sagen die jetzt vorgelegten Zahlen allerdings nicht. Zwar wird explizit aufgelistet, dass bei 42 von 1.007 Projektteilnehmern eine Kürzung der Sozialhilfe wegen Verweigerung einer „zumutbaren“ Arbeit eingeleitet wurde. Dann gibt es aber noch jene 246 Personen, immerhin ein Viertel, bei denen die Zahlung wegen „Sonstiges“ eingestellt wurde. Dieses „Sonstiges“ kann vieles sein, etwa Heirat, Tod, Inhaftierung oder Umzug. Es kann auch bedeuten, dass man „verschwunden“ ist, also nicht mehr bei den Ämtern auftaucht – oder sich geweigert hat, den 1-Euro-Job anzunehmen. Aber das will das Sozialamt wohl gar nicht so genau wissen. Susanne Gannott