Erleichterung über die Niederlage

Der Parteitag der Kölner CDU zeigt, dass die Basis die Affären ihrer Vorderleute satt hat. Bestärkt von CDU-Landeschef Rüttgers verhindert eine Mehrheit die Landtagskandidatur von Richard Blömer

Von Frank Überall

Man konnte fast den Eindruck haben, im falschen Saal zu sein. Der Parteitag der Kölner CDU am Dienstag Abend glich eher einer Karnevalssitzung als einer politischen Diskussionsveranstaltung. Das Fazit des Abends: Richard Blömer darf zwar nicht mehr für den Landtag kandidieren, er hat aber noch viele Freunde hinter sich. Und die ersehnte Beruhigung der Kölner Union scheint weiter auf sich warten zu lassen.

Obwohl die Landes-CDU, vorneweg deren Vorsitzender Jürgen Rüttgers, schon seit Wochen darauf gedrängt hatte, Blömer wegen dessen juristischer Probleme nicht mehr für den Landtag aufzustellen, hatten die Kölner den umstrittenen Kandidaten in seinem Wahlkreis Lindenthal erneut nominiert. Und so redete sich Rüttgers auf dem Parteitag richtig warm. Kölns CDU sei in einer tiefen Krise, und Blömer habe sie verschuldet. „Man kann keinen Landtagswahlkampf machen mit einem Kandidaten, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt“, schwor er die Kölner Basis ein. Seine Aufforderung an Blömer, auf seine Bewerbung zu verzichten, wurde teils mit Applaus, teils aber auch mit Buhrufen quittiert.

Dass die Lage inzwischen dramatisch ist, stellte der Kölner CDU-Vorsitzende Walter Reinarz dar. Über 100 Mitglieder hätten die Partei verlassen, weil sie die Affären satt haben. Der Sozialpolitiker und Mülheimer Landtagsabgeordnete Hermann-Josef Arentz habe mit seinem konsequenten Rückzug richtig gehandelt. „Er hat politischen Schaden von der Kölner CDU abgewandt“, sagte Reinarz. Oberbürgermeister Fritz Schramma forderte die Delegierten auf, sich nicht mehr von Strippenziehern wie Blömer abhängig zu machen.

Ausgiebig stiegen dann die Blömer-Freunde für ihren Kandidaten in die Bütt. „Einen verdienten Parteifreund, ohne den die Kölner CDU heute nicht das wäre, was sie ist, aus der Partei heraus zu drängen, das ist nicht nur beschämend, das ist erschütternd“, wetterte Ex-Ratsherr Hans Werner Hamm. Richard Blömer sei von seiner Basis in Lindenthal mit großer Mehrheit aufgestellt worden, betonte auch Ratspolitiker Wolfgang Simons: „Dass das alles jetzt wegen der Landespartei noch mal wiederholt wird, mag formal zulässig sein. Sonderlich demokratisch wirkt das auf mich nicht.“

Der Jura-Professor Hans-Joachim Voges wollte seinem Freund Blömer nützen, führte sich dabei aber nicht gerade geschickt auf. Er meldete selbst seine Kandidatur für den Landtag an – nur um in seiner Vorstellungsrede für Blömer zu werben. Die Basis quittierte das zum Teil mit lautem Geschrei.

Das CDU-Urgestein Willy Bausinger bemühte wieder einmal den Spruch, dass er sich schäme, in der CDU zu sein. Den hatte er schon nach dem Aufkommen der Affären auf einem Parteitag geäußert. „Mit wem möchte Herr Blömer eigentlich im Landtag zusammenarbeiten, wenn die Landes-CDU nicht mehr zu ihm steht“, fragte Konrad Adenauer die Delegierten.

Parteichef Reinarz hatte sichtbar Mühe, die chaotische Versammlung, die sich über vier Stunden hinzog, zu leiten. Ein zeitweise streng dreinblickender Landeschef Jürgen Rüttgers erlebte ein Schauspiel, das ihm keine besonders gute Vorlage für den Landtagswahlkampf in der größten NRW-Stadt bot. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses dann die große Erleichterung: Der Präsident der Kölner Handwerkskammer, Franz-Josef Knieps, lag mit 151 Stimmen knapp vor Richard Blömer, der 121 Stimmen erhielt.

Doch Blömer wäre nicht Blömer, wenn er sich nicht kurze Zeit später erneut kämpferisch gezeigt hätte. Natürlich sei er enttäuscht, sagte er. Aber es habe auch manche Formfehler beim Ablauf der Veranstaltung gegeben, und das dürften sich die CDU-Mitglieder nicht gefallen lassen. Unter anderem sei bei der Vertreterversammlung für die Aufstellung der Kandidaten nicht ausdrücklich festgestellt worden, wer überhaupt gewählter Delegierter war.

So habe es sein können, dass auch nicht berechtigte CDU-Mitglieder an der Versammlung teilgenommen und Reden gehalten hätten. Manche in der Union meinen, das könnte nun ein Anfechtungsgrund sein. Dann müsste die Wahl für den Stadtbezirk Lindenthal noch einmal wiederholt werden...