Verborgene Schätze aus dem Feedback-Nebel: „Idaho“ im Knust
: Die ewigen Außenseiter

Idaho, der Gebirgsstaat im Nordwesten der USA, liegt fern ab von allem. Hier gilt nach der Verfassung von 1889 noch das Verbot, sonntags in der Öffentlichkeit zu pfeifen. Ein hermetischer Bezirk also, in dem Neuerungen für gewöhnlich außen vor bleiben. Doch auch der Spitzname Gem State (Edelstein-Staat) kommt nicht von ungefähr. Tief im Inneren der unberührten Landschaft findet sich Kostbares.

Auch bei Idaho, der Band, stößt man auf etliche Songkleinode, die sich dem Hörer erst mit fortschreitendem Durchdringen der Materie offenbaren. Jenseits aktueller Trends schufen sich Idaho einen eigenen Kosmos, der ihnen musikalische Unabhängigkeit, aber auch ewiges Außenseitertum bescherte. Wer indes bereit ist, sich auf das Spurenwirrwarr aus melancholischen Akkordfolgen und gefühlvollen Feedbacks einzulassen, dem eröffnet sich betörend schöner Gitarrenrock.

Jeff Martin und John Berry betrieben die Band zunächst als Wochenendprojekt in L.A.: „Einer von uns hatte eine Songidee und die haben wir dann an einem Tag aufgenommen“, erinnert sich Jeff. 1993 kam die Platte Year After Year heraus, und Idaho wurde „dieser neuen Bewegung zugerechnet, die sie Slowcore nannten“, sagt Jeff. „Wir alle hatten damals hohe Erwartungen.“ Zumindest kommerziell erfüllten sie sich nicht. Idahos Musik fand ihre respektvollen Anhänger eher in kleinen Indie-Zirkeln.

Seitdem hat Jeff Martin, der Mann mit dem besinnlichen, leicht heiseren Timbre, fast jedes Jahr ein neues Album herausgebracht. Die unverkennbare Stimme wird zumeist von einer unkonventionell gestimmten, viersaitigen Gitarre umspielt. „Das war eigentlich ein Zufall. Jemand hatte seine Gitarre bei mir vergessen, auf der zwei Saiten fehlten. Ich probierte einfach etwas rum, obwohl das Instrument nicht gestimmt war – und plötzlich hatte ich einen Song geschrieben.“

So unbedarft, wie er glauben machen will, war Martin allerdings auch in Idahos Anfangstagen nicht. Bereits mit zwei Jahren erhielt der Sohn aus gutem Hause Klavierunterricht. Mit 19 ging er nach London und nahm eine zeittypische Synthie-Pop-Platte auf, die bei Ensign Records erschien. Tatsächlich haben sich die Tasteninstrumente in den letzten Jahren auch bei Idaho eingeschlichen. „Vielleicht, weil ich alt werde und das Klavier nicht mehr so sehr als konservatives Instrument empfinde. Die Gitarre aber wird es nie ersetzen!“

Nachdem im Oktober mit Vieux Carré ein Querschnitt durch Idahos Schaffen auf dem deutschen Label Kalinkaland erschien, ist Jeff Martin mit John Berry wieder auf Europas Bühnen unterwegs. Im Knust werden sie die schönen Seiten der Schwermut zelebrieren.

Sandra Ziegelmüller

Donnerstag, 21 Uhr, Knust