Bremens billigstes Bahn-Ticket

Schwarzfahren mit dem Semesterticket: An die 50.000 Studierende sind legal im Besitz des Papiers, aber weit mehr fahren damit gratis Bus und Bahn – dank Scanner und Farbdrucker. Nun will der Verkehrsverbund mit Hologrammen gegensteuern

Bremen taz ■ Der Kontrolleur im Regionalexpress nach Oldenburg will das Ticket nicht mehr hergeben. Sechs Monate freie Fahrt, von Emden bis Hamburg, von Hannover nach Wilhelmshaven, Busse und Straßenbahnen eingeschlossen, verspricht das Papier. Zweimal ist es gefaltet, in eine Plastikhülle gesteckt, innen drin hat jemand unterschrieben, obendrüber steht: „Semesterticket“. Ein verführerisches Angebot.

So verführerisch, dass es offensichtlich nicht nur die 50.000 Studierenden nutzen, die es – gegen eine Zwangsabgabe von 66 Euro im Halbjahr – unaufgefordert zusammen mit der Immatrikulationsbescheinigung ausgehändigt bekommen. Sondern auch viele andere.

Einscannen, Name ändern, wieder ausdrucken – in Zeiten von Photoshop und Farblaserdruckern ist das Self-Made-Ticket schnell erstellt. Vor allem das Self-Made-Semesterticket. Während nämlich selbst einfache Straßenbahn-Fahrkarten seit Jahren einen Aluminium-Streifen ins Papier eingearbeitet haben, kommt das Halbjahres-Ticket für Studierende, eines der hochwertigsten Tickets im Angebot des Verkehrsverbundes Bremen-Niedersachsen (VBN), lediglich mit einem blassgelben, unter UV-Licht hell leuchtendem Farbaufdruck daher.

Den immerhin können auch bessere Farbdrucker nicht originalgetreu wiedergeben. Weswegen die kleine UV-Lampe des Kontrolleurs dem Gratis-Reisenden nun zum Verhängnis wird. „Das ist eine Fälschung“, stellt der Uniformierte fest. Am übernächsten Bahnsteig wartet schon der Bundesgrenzschutz. 40 Euro „erhöhtes Beförderungsentgelt“ werden in jedem Fall fällig, zusätzlich droht noch eine Anzeig wegen Erschleichens von Fahrleistungen oder Urkundenfälschung. „Das ist kein unerhebliches Risiko, mit so ’nem Ding durch die Gegend zu fahren“, warnt der Sprecher der Bremer Straßenbahn AG, Jens-Christian Meyer.

Insbesondere die Kontrolleure der Bahn AG, berichtete Ralf Huckriede, Bereichsleiter Tarif beim Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen, stoße des Öfteren auf gefälschte Semestertickets. Reisenden gegenüber sollen Zugbegleiter schon von bis zu 50 Fällen im Monat berichtet haben. Diese Zahlen wollte Hans-Jürgen Frohns, Sprecher der DB Regio in Hannover, gestern nicht bestätigen. Wie viele Fälle von Missbrauch des Studierenden-Tickets monatlich zur Anzeige gebracht würden, sei unbekannt, sagte er. Auch der Bundesgrenzschutz schweigt. „Man hört immer was, aber man weiß nicht, wie hoch die Dunkelziffer ist“, sagt Huckriede.

Handlungsbedarf indes haben die Verantwortlichen erkannt. „Bereits seit Längerem“, so Huckriede, arbeite man an zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen. Künftig sollen die Semestertickets mindestens mit einem Hologramm, wahrscheinlich sogar mit einem hinter einer speziellen Folie verschweißen Passfoto ausgestattet werden. Selbst Computer-Grafik-Experten dürften sich daran dann erst einmal die Zähne ausbeißen. sim