Der Reiz des Fernen Ostens

Die deutschen Fußballer, die heute in Yokohama gegen Japan spielen, sollen in Asien nicht nur spielerische Brillanz nach Klinsmann-Art versprühen, sondern auch die Bundesliga verkaufen

VON DANIEL THEWELEIT

In der Politik gilt die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 als Geheimwaffe. Gerhard Schröder glaubt mit dem Rückenwind der WM-Stimmung für weitere vier Jahre zum Bundeskanzler gewählt zu werden, da wird es allerhöchste Zeit, dass auch dem Fußball verbundenere Organisationen die Strahlkraft der WM für ihre Zwecke nutzen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) zum Beispiel. Diese hinkte in den vergangenen Jahren stets hinterher in der Konkurrenz mit den Spaniern, den Italienern und den Engländern. Das soll sich jetzt ändern. Sportlich sieht es gut aus für die deutschen Teams, wirtschaftlich sind die Klubs vergleichsweise gesund, und nun schickt man sich an, den Rückstand auf den fernen Fußballmärkten der Welt aufzuholen. „Der asiatische und speziell der japanische Markt ist neben dem europäischen der wichtigste“, sagt Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende von Bayern München. Deshalb soll die Asienreise der Nationalmannschaft mit Spielen in Japan (heute 12.10 Uhr, ZDF), Südkorea und Thailand dazu dienen, der Bundesliga im bevölkerungsreichsten Erdteil zu größerer Präsenz zu verhelfen.

„Mein Wunsch ist, dass die Bundesliga weltweit stärker expandiert“, verkündet auch Bundestrainer Jürgen Klinsmann. „Jetzt können wir uns präsentieren, und auch für die Bundesliga als Marke werben.“ Der Blick wird sich aufgrund der nahenden WM in den kommenden Monaten ohnehin verstärkt auf Deutschland richten, aber nicht nur deshalb ist die Ausgangslage äußerst günstig für die DFL. In den anderen großen Ligen sind die Zuschauerzahlen rückläufig, sportlich ist die Bundesliga ausgeglichener als die Konkurrenz, in Spanien und Italien wird das Spiel kontinuierlich von Finanzskandalen begleitet, in der Bundesliga fallen vergleichsweise viele Tore, und außerdem biete „Deutschland mit seinen neuen Stadien die besten Fernsehbilder überhaupt“, sagt Ilja Kaenzig, der Manager von Hannover 96.

Die Möglichkeiten sind auch den Verantwortlichen der DFL bekannt, nur erreicht haben sie lange Zeit nicht sehr viel. Die beiden höchsten Funktionäre der Liga, Werner Hackmann und Wilfried Straub, sind nun dabei, wenn die Nationalmannschaft durch Asien tingelt, sie wollen dort für ihr Produkt werben. In Japan werde man vor allen Dingen „über Fernsehverträge sprechen“, sagt Hackmann, der im Oktober schon in China war und erfolgreich von dort zurückkehrte. „Da laufen jetzt pro Spieltag zwei Bundesligaspiele live im Fernsehen, dazu eine Highlight-Sendung, das ist mehr Präsenz, als die Premier League hat“, erzählt der Funktionär. Ähnliches wolle man nun in Japan erreichen. Das größte Problem: Der Bundesliga fehlen die Weltstars, die Beckhams und Ronaldinhos.

Das gilt als Hauptgrund für die schwache Auslandsvermarktung der Bundesliga. Die Premier League verdient 75 Millionen Euro jährlich in diesem Segment, die Bundesliga bekommt 15 Millionen von ihrem Vermarkter Sportfive. Die Fachzeitschrift sponsors veröffentlichte eine Erhebung aus dem Herbst 2003 über die TV-Reichweiten der Ligen in den europäischen Kernmärkten: Während es die spanische Primera División monatlich auf fast 140 Millionen Zuschauer brachte, lag die Bundesliga mit 10 Millionen sogar noch hinter den Franzosen. Kein gutes Zeugnis für die DFL.

In Asien will man nun aufholen. Präsenz lautet das Zauberwort. Lange versuchten die Klubs Spieler aus China oder Japan zu verpflichten, „aber dort ist einfach nicht genug Qualität vorhanden“, sagt Kaenzig, der vor einiger Zeit als Manager in Leverkusen damit beauftragt war, die Aktivitäten des Chemiekonzerns Bayer in Asien mit den positiven Möglichkeiten des Fußballs zu verknüpfen. Er sollte einen Spieler verpflichten, damit Bayer in China bekannt und vor allem beliebt wird. Aber er fand keinen. Auch die Ankündigung der Münchner Bayern, einen japanischen Star zu erwerben, blieb bislang folgenlos. Obwohl die Kosten gering wären. Naohiro Takahara brachte gleich zwei japanische Sponsoren mit zum HSV, die 3,2 Millionen Euro in die Vereinskasse spülten. Das Geschäft lohnt sich also, nur: Takahara sitzt meistens auf der Bank.

Kaenzig glaubt nun, „dass diese Reise eine Art Startschuss bilden kann für ganzheitliche Aktivitäten der Liga. Bis jetzt gab es nur Vermarktung einzelner Klubs. Das steht im krassen Gegensatz zur Premier League, die sich ganz stark als Marke positioniert in diesen Märkten.“ Wie gut sich die Vertreter der DFL hierbei schlagen, wird sich zeigen. Der Wille ist da, Werner Hackmann weckt aber nicht den Eindruck, ein Asienkenner zu sein. Ob man auch eine Strategie für den thailändischen Markt habe, wo viel auf die Bundesliga gewettet wird? „Da muss ich ehrlich sein, mit Thailand habe ich mich noch nicht ausführlich befasst.“ Dabei ist gerade das Wettgeschäft eine Nische, in der die Bundesliga Geld verdienen möchte. „Wenn die unsere Terminlisten für ihr Wettgeschäft benutzen, sollten sie dafür eigentlich auch Entgelt zahlen“, so Hackmann. Im Frühjahr werde man darüber in China verhandeln, dort werden mit einem wöchentlichen Fußballwettenblock (fünf Spiele aus England, drei aus der Bundesliga, zwei aus Italien) deutlich über zwei Milliarden Euro umgesetzt.