Hunderte protestieren nach Tod von Zivilisten gegen USA

AFGHANISTAN Der US-Angriff in Farah, bei dem rund 100 Zivilisten starben, wird untersucht

BERLIN taz | Nach dem Tod vermutlich mehrerer Dutzend Zivilisten bei einem US-Angriff in der westafghanischen Provinz Farah ist es am Donnerstag in der gleichnamigen Provinzhauptstadt zu gewaltsamen Protesten gegen die Anwesenheit ausländischer Truppen gekommen. Mehrere 100 Menschen zogen nach Agenturberichten zunächst vor Regierungsgebäude und skandierten „Tod für Amerika, Tod den Invasoren“. Mit Steinen seien Polizisten angegriffen worden, die mit Warnschüssen geantwortet hätten. Es habe mehrere Verletzte gegeben.

Die Proteste sind eine Reaktion auf Kämpfe im Distrikt Bala Baluk am Montag, bei denen zwei afghanischen Abgeordneten zufolge mehr als 100 Zivilisten einschließlich Frauen und Kinder von US-Truppen getötet worden sein sollen. Vertreter des Roten Kreuzes bestätigten die Zahl der Toten, unklar blieb aber noch, wie viele darunter Zivilisten waren. Am Mittwoch reisten amerikanische und afghanische Ermittler in die betroffene Region. Sollte sich die Zahl der toten Zivilisten bestätigen, wäre sie die höchste Zahl bei einem einzelnen Gefecht seit dem US-Einmarsch im Oktober 2001.

Berichten zufolge sollen von einer Taliban-Übermacht bedrängte afghanische Sicherheitskräfte US-Luftunterstützung angefordert haben. Ob die Taliban die Zivilisten, wie schon mehrfach behauptet wurde, als menschliche Schutzschilde nutzten, sie selbst töteten oder US-Bomber fälschlicherweise, fahrlässig oder gar absichtlich die Zivilisten töteten, ist bisher unklar. Fest steht, dass schon mehrfach bei US-Angriffen unschuldige Zivilisten umkamen, was den Rückhalt der internationalen Truppen untergräbt. Daran dürfte auch wenig ändern, dass sich sowohl US-Präsident Barack Obama wie Außenministerin Hillary Clinton für den Vorfall in Farah entschuldigten.

Am Donnerstag räumte die Nato geführte Isaf-Truppe aber ein, am 27. April in der Provinz Helmand zwei Zivilisten getötet und zwei weitere verletzt zu haben.

SVEN HANSEN