LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Kiffen und Saufen uncool“, taz vom 5. 5. 09

Zeit zum Umdenken, Frau Bätzing

Die Drogenpolitik der Bundesregierung und Frau Bätzings ist verfehlt, das darf man ruhig auch deutlicher schreiben. Dabei geht es nicht darum, dass der Rückgang des Drogenkonsums bei Weitem nicht nur ein Ergebnis erfolgreicher Aufklärung ist. Es geht vielmehr um die Ignoranz gegenüber dringlichen Problemen wie die Vergabe medizinischen Heroins an Abhängige oder die Schaffung von Möglichkeiten für Konsumenten, Drogen ungestraft auf Verunreinigungen untersuchen zu lassen. Wer schwer Suchtkranke illegalisiert und schikaniert, handelt unmenschlich, deswegen wird es Zeit, umzudenken, auch für Frau Bätzing! CHRISTOPH GASSNER, Landshut

■ betr.: „Jugend ohne Rausch“, taz vom 5. 5. 09

Banales Agenturfoto

Es ist ja einerseits lobenswert, dass die taz mit der Headline „Jugend ohne Rausch“ dem journalistischem Motto „Good news is no news“ einmal widerspricht. Aber muss das gleich auf den Titel zusammen mit einem an Banalität kaum zu übertreffenden Agenturfoto mit Milch trinkenden Teenies? CHRISTINE STECKER, Hamburg

■ betr.: „Ständige Konflikte im Paradies“, taz vom 2./3. 5. 09

Besatzung in Westpapua

Ich habe mich gefreut, dass auch in Deutschland endlich mal wieder über den vergessenen Völkermord in Westpapua berichtet wird, aber dieser Artikel ist leider ziemlich „dünn“ geraten. Vor allem die Rolle der US-Minengesellschaft Freeport-McMoRan und ihre Unterstützung durch die US-Regierung sind ganz ausgeblendet.

Bereits vor der „Abstimmung“ von 1969 hatte Freeport mit Indonesien einen Vertrag zur Ausbeutung von Bodenschätzen in Westpapua, trotz des zu dem Zeitpunkt noch ungeklärten Status. Die Kontrolle hierüber – etwa ein Viertel aller Bodenschätze auf dem heutigen indonesischen Territorium – war sicher ein Grund für den „Act of No Choice“, begleitet von massiven Menschenrechtsverletzungen. Obwohl dies vom UN-Beobachter Fernando Ortiz Sanz dokumentiert wurde, akzeptierte die UN-Generalversammlung auf US-amerikanischen Druck die „Abstimmung“ gegen den Willen von vermutlich 95 Prozent der Bevölkerung.

Seither werden die Interessen der Minengesellschaft (und der Abholzungsfirmen) brutal von der indonesischen Armee durchgesetzt. Versuche, Freeport hierfür in den USA zur Verantwortung zu ziehen, sind gescheitert. Ein besonders dunkles Kapitel war und ist die massenhafte Ansiedlung von „Transmigranten“, die die Papua zu Fremden im eigenen Land machen, und die Umsiedlung von Papua-Stämmen innerhalb des Landes, um ihren Widerstand gegen die Besatzung und die Umweltzerstörungen durch Minen und Abholzung zu brechen. Auch nach dem Ende der Suharto-Diktatur hat sich die Lage nicht wirklich gebessert. Immer noch wird zum Beispiel das Zeigen der Fahne des freien Westpapua mit langer Haft bestraft. Ich würde mich freuen, wenn die taz das alles auch mal (und vielleicht nicht unter „Reise“) thematisieren würde. (Siehe unter anderem http://www.freewestpapua.org/docs/saltford.htm.) ALBRECHT DRESS, Bonn

■ betr.: Neues Outfit der taz

Probeabo für die Töchter

Liebe tazler, als Abonnent der ersten Stunde darf ich euch einfach mal groß loben für das neue inhaltliche und gestalterische Konzept. Ich habe mich schon daran lesegewöhnt. Weiter so! Die neue taz gefällt mir so gut, dass ich meinen drei studierenden Töchtern spontan ein Probeabo geschenkt habe. PETER MICHAEL RULFF, Berlin

■ betr.: „Alpenländer und Ouagadougou“, taz vom 6. 5. 09

Land der Integren

Ouagadougou heutzutage in einem Atemzug mit Alpenländern zu nennen, ist eine Beleidigung für Ouagadougou! Nicht nur, dass der klangvolle Stadtname rassistisch missbraucht wird, weil bei so einem Beat im Namen ja nur tanzende Baströcklein am korrupten Horizont zu erwarten sein dürften. Beleidigt wird das ganze Land Burkina Faso, das übersetzt ja gerade „Land der Integren“ heißt, was dem deutschen Finanzminister wohl rein sprachlich (!) verborgen geblieben sein dürfte. Nach der Wahlschlappe von Gerhard Schröder und der lustigen Elefantenrunde danach wurde Deutschland in der burkinischen Satirezeitschrift Le Jeudi als Bananenrepublik bezeichnet, weil dort Machtvorstellungen wie damals im Nachbarland Togo herrschen würden. Man darf gespannt sein, welchen Ehrenplatz unser Finanzminister in der nächsten Ausgabe des Jeudi erhält. Dort gibt es übrigens auch wunderbare Karikaturisten – und das ist wenigstens genau wie in Alpenländern. IRMTRAUD LECHNER, München

■ betr.: „Twittern mit Münte“, taz vom 6. 5. 09

Motze-taz

Heute lachte mir die taz besonders fröhlich entgegen – ich entdeckte oben auf der „Startseite“ einen Hinweis: „Wahlkampf 2.0: Die Parteien gehen ins Netz. Noch ist Stimmenfang über Facebook und Twitter eher peinlich“. Ich war gespannt, einen Artikel zu meinem Thema Parteipolitik und Web 2.0 in der taz zu finden. Jedoch musste ich ein unqualifiziertes Abgemotze über die Web-Aktivitäten der großen Parteien lesen. Unter dem Artikel befanden sich seltsame Auflistungen, die nicht witzig, sondern einfach uncool waren. Sogar die Überschrift war „gewollt und nicht gekonnt“ – der Twitter-Account „muentefering“ ist der bekannteste und beliebteste Fake-Account, diese Information wird jedoch im Artikel nicht aufgelöst. Obacht: Mir geht es nicht um die Grünen, ich habe gelernt und beschwere mich nicht mehr über politisch missliebige Artikel. Aber es wurden selektiv die schlechtesten Web-Aktivitäten der Parteien genannt. Das ist kein Journalismus, das ist die Motze-taz, wie sie manchmal offenbar wird. JULIA SEELIGER, Berlin