Bilanzbetrug wird wieder straffrei

Der Chef der US-Börsenaufsicht steht unter dem Druck der republikanischen Regierung, die ihn loswerden will. Nun zeigt sich William Donaldson milde gegen einen angeklagten Manager. Das Big Business kreidet Donaldson seine scharfen Regeln an

AUS NEW YORK HEIKE WIPPERFÜRTH

Als William Donaldson vor zwei Jahren zum Leiter der US-Börsenaufsicht ernannt wurde, feierte ihn Präsident George Bush als Retter der Wall Street. Der 73-jährige Banker und ehemalige Marineinfanterist sollte die Finanzmeile nach den größten Finanzskandalen in der Geschichte der US-Wirtschaft wieder in Ordnung bringen. Doch mit seinem Reformeifer hat sich der moderate Republikaner die Gunst seiner Parteigenossen und des Big Business schnell verscherzt. Jetzt will das Weiße Haus den Finanz-Sheriff so bald wie möglich wieder loswerden.

Paul Atkins, ein republikanischer Kommissar der Börsenaufsicht „Securities and Exchange Commission“ (SEC), ist bereits an der Stelle interessiert. Amtsinhaber Donaldson pocht derweil auf die Einhaltung des neuen Sarbanes-Oxley-Gesetzes, das Bilanzbetrug wie bei den Unternehmen Enron und Worldcom künftig vermeiden soll. Firmenchefs ärgern sich über die Millionen Dollar, die sie für die Einführung des Gesetzes ausgeben müssen. Zudem sollen die Firmenchefs und ihre Buchprüfer zum ersten Mal für die Richtigkeit ihrer Bilanzen geradestehen. Donaldson hat zudem die Regulierung der Hedgefonds gegen den Willen der Republikaner durchgesetzt. Auch den Investmentbanken bereitet der SEC-Chef Kopfzerbrechen. Er tritt dafür ein, dass die Banken frische Aktien aus Börsengängen junger Firmen nicht mehr bevorzugt an ihre besten Kunden vergeben dürfen. Und das in einer Zeit, in der der Markt zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Hochtouren läuft.

Donaldsons Gegenspieler sind zum Beispiel der „Business Roundtable“, dem die Chefs der großen Firmen angehören, und die National Association of Whole-Sale Distributors, die die meisten Großhändler zu ihren Mitgliedern zählt. Viele Mitglieder dieser Organisationen haben die Wiederwahl von Präsident Bush mit großzügigen Spenden unterstützt. Gegen die SEC wurde sogar eine Klage der US-Handelskammer eingereicht. Ihr Vorwurf: Die Finanz-Sheriffs der SEC würden außerhalb ihrer Befugnis handeln. Im April soll es zum Prozess kommen.

Dass Donaldson unter Druck steht, macht sich inzwischen bemerkbar. Zum Beispiel als er kürzlich zur großen Überraschung der Experten mit zwei republikanischen SEC-Kommissaren gegen die Strafe von einer Million Dollar stimmte, die Gary Winnick aufgebrummt werden sollte. Winnick ist der ehemalige Leiter von Global Crossing, einer korrupten Telekomfirma, die vor zwei Jahren unter ihren Milliardenschulden zusammenbrach. Donaldsons Mitarbeiter plädierten für die Strafe. Auch die beiden demokratischen SEC-Kommissare waren dafür. Winnick soll mit heimlichen Transaktionen den Umsatz der Skandalfirma geschönt haben.

Donaldson verteidigt seine ablehnende Entscheidung mit der Begründung, dass Winnick als „non executive Chairman“ nicht für die Tat verantwortlich gewesen sei. Außerdem habe er sich nicht am Tagesgeschäft beteiligt.