Allawi: Wahlkampf im Irak beginnt

Regierungschef stellt eigene Liste vor. 70 Parteien und Einzelkandidaten bewerben sich. Menschenrechtler machen US-Regierung für Folter mitverantwortlich

BAGDAD/HAMBURG dpa/ap ■ Sechs Wochen vor den Parlaments- und Regionalwahlen im Irak hat gestern offiziell der Wahlkampf begonnen. Etwa 70 Parteien und Einzelkandidaten bewerben sich um die 275 Sitze im Nationalrat. Wie viele Parteien und Kandidaten am 30. Januar auf dem Wahlzettel stehen werden, wird aber erst Ende Dezember feststehen, da die Frist zur Registrierung bei der Wahlkommission wegen der katastrophalen Sicherheitslage verlängert wurde. Die halbamtliche Tageszeitung Al-Sabah veröffentlichte gestern eine Umfrage, wonach 79 Prozent der Iraker an den Wahlen teilnehmen wollen. Übergangsministerpräsident Ajad Allawi stellte in Bagdad seine Kandidatenliste vor. Allawi, der den Spitzenplatz auf der „Irakischen Liste“ besetzt, betonte, am Wahltermin werde festgehalten. Der Vorsitzende der Islamischen Partei, Mohsen Abdul Hamid, plädierte dagegen erneut für eine Verschiebung.

Unterdessen warf der Menschenrechtler und Leiter von Human Rights Watch, Kenneth Roth, der US-Regierung vor, sie habe dem Militär mit einem von ihr geschaffenen Klima die Misshandlung von Gefangenen erst möglich gemacht. Dies gelte nicht nur für das irakische Gefängnis Abu Ghraib, sondern auch für Afghanistan, Guantánamo und andere Orte, sagte er gestern in einem Interview von „stern.de“. Auch die Amerikanische Bürgerrechtsunion (Aclu) vertrat am Dienstag die Ansicht, die offensichtlich weit verbreiteten Misshandlungen seien nur aufgrund von Führungsfehlern auf der höchsten Ebene möglich gewesen. Auf einen von ihnen und anderen Organisationen erwirkten Gerichtsbeschluss hin veröffentlichte die US-Marine am Dienstag Dokumente über weitere Misshandlungen irakischer Gefangener.