Kulturpolitiker machen drei Kreuze

Der Abriss des Privatmahnmals samt Holzkreuzen am Checkpoint Charlie steht wohl kurz bevor: Ende des Jahres läuft die Genehmigung aus, der Pachtvertrag ist bereits gekündigt. Bei Kulturpolitikern löst das klammheimliche Freude aus

Dem privaten Mauermahnmal am Checkpoint Charlie wird wahrscheinlich Ende des Jahres der Boden unter den Füßen weggezogen. Dann nämlich läuft nicht nur die bezirkliche Genehmigung für das Privatmahnmal aus, sondern auch der Pachtvertrag für das Gelände. Die Bankaktiengesellschaft (BAG), Zwangsverwalterin der Liegenschaften, hat diesen bereits Ende Oktober gekündigt. Die BAG wollte sich dazu gestern nicht äußern.

Bei Berlins Kulturpolitikern herrscht eitel Freude: „Es wäre furchtbar, wenn die Kreuze stehen blieben“, sagt Brigitte Lange, die für die SPD im Abgeordnetenhaus sitzt. Positiv an dem Vorgang aber findet Lange, dass endlich eine Diskussion über das Mauergedenken in der Stadt angestoßen worden sei: „Wir müssen die authentischen Gedenkstätten miteinander verknüpfen und das etwa für Touristen ersichtlich machen“, sagt Lange.

Auch bei der PDS weint man den Kreuzen keine Träne nach. „Vertrag ist Vertrag, und in diesem Fall war er zeitlich begrenzt“, sagt der kulturpolitische Sprecher Wolfgang Brauer. Er persönlich findet das Denkmal „geschmacklos“ und befürchtet „moralische Erpressungskisten“, da es politisch schwierig wäre, die Kreuze mit Baggern entfernen zu lassen, wenn sie nach Silvester noch stehen.

Alexandra Hildebrandt, Initiatorin des Projekts, würde dagegen am liebsten den Pachtvertrag verlängern und das Gelände langfristig kaufen: „Die Verhandlungen mit der BAG laufen noch“, sagte die Chefin des Mauermuseums. Was aber mit den umstrittenen Kunstobjekten passiert, wenn die Verträge wie geplant auslaufen, bleibt ihr Geheimnis.

Bedenken gegen die Kündigung meldete ihr Anwalt Christoph Lehmann an: „Finanziell macht die Kündigung keinen Sinn, denn ein Zwangsverwalter soll die Schulden für den Gläubiger eintreiben – vor allen Dingen für die Berliner Volksbank.“

Das Gelände gehört nominell noch der insolventen amerikanischen Investorengesellschaft Checkpoint Charlie KG. Die BAG verwaltet die Liegenschaften, um die Außenstände aus den Einnahmen der Pacht zu begleichen. Die BAG begründete ihr Schweigen zu dem Vorgang gegenüber der taz wie folgt: „Wir leben sehr zurückgezogen als BAG“, so eine Sprecherin. Ein Rückkauf des leeren Geländes durch die Stadt – zum Beispiel um eine eigene Gedenkstätte zu errichten – sei nicht geplant, heißt es in der Stadtentwicklungsverwaltung.

„Wir haben Frau Hildebrandt viel zu lange freie Hand gelassen“, sagt SPD-Frau Lange. „Der Bezirk hätte schon viel früher einschreiten müssen.“ Doch der schiebt die Verantwortung von sich: „Als Kunstinstallation und mit der kurzen Laufzeit ging das Projekt gerade noch durch“, so eine Pressesprecherin von Joachim Zeller (CDU), Bezirksbürgermeister von Mitte. AM, IBS