Bundeswehr startet Darfur-Einsatz – in Gambia

Transall-Flugzeuge bringen afrikanische Eingreiftruppen nach Tschad. Landung im Sudan zu Weihnachten erwartet. Die Probleme der afrikanischen Friedensmission in Darfur bleiben damit jedoch ungelöst, während der Krieg eskaliert

BERLIN taz ■ Die Bundeswehr hat ihren Einsatz zur Unterstützung der Friedenstruppe der Afrikanischen Union (AU) in Sudans westlicher Krisenregion Darfur gestartet. Rund 65 Soldaten aus der bayerischen Luftwaffenbasis Penzing wurden gestern in Richtung Westafrika in Marsch gesetzt. Sie sollen im Kleinstaat Gambia 200 Soldaten und zwölf Tonnen Frachtgut an Bord ihrer Transall-Transportflugzeuge nehmen und von dort aus 4.000 Kilometer nach Tschad fliegen, dem westlichen Nachbarstaat des Sudan. Von der französischen Militärbasis in Tschads Hauptstadt Ndjamena werden dann die Soldaten bis Weihnachten per Airbus nach Darfur gebracht.

Der Einsatz hat hohen Symbolwert. Die Unterstützung von AU-Friedenstruppen in Afrika ist ein Schwerpunkt deutscher Afrikapolitik, und Darfur ist für die AU der Testfall zur Erprobung ihrer Interventionsfähigkeit. Die AU hat derzeit rund 800 Soldaten und 100 Militärbeobachter in Darfur stationiert, zumeist aus Nigeria und Ruanda.

Ob der Einsatz auch von praktischer Bedeutung ist, muss sich erst noch zeigen. Die AU-Truppe in Darfur hat bisher gegen den Krieg dort nichts tun können. Sie hat weder ein Mandat zum Eingreifen noch eigene Logistik. Treibstoffmangel verurteilt sie regelmäßig zur Untätigkeit.

Druck aus dem Sudan hat dafür gesorgt, dass der Bundeswehreinsatz an den praktischen Problemen nichts ändern wird. Als der Einsatz im Oktober zum ersten Mal offiziell zur Sprache kam, gab es heftigen Protest der sudanesischen Regierung. Dieser führte zunächst zur Verschiebung der Bundestagsentscheidung über die Mission und dann zu deren Abschwächung: Die Deutschen werden nur Truppen hinfliegen und dann gleich wieder gehen.

Im Bundestag am Mittwoch auf den deutschen Beitrag zur Behebung der Probleme der AU-Mission angesprochen, gab Hans Martin Bury, Staatsminister für Europafragen im Auswärtigen Amt und offensichtlich zuständig, keine präzise Antwort. Die CDU-Opposition kritisierte dann, dass Deutschland das EU-Waffenembargo gegen China aufheben wolle, obwohl China ein Hauptlieferant von Rüstung an Sudan ist. Gefragt, ob Bundeskanzler Schröder bei seiner jüngsten Chinareise darüber gesprochen hätte, verneinte Bury und sagte: „Man sollte jetzt nicht aus der Nichtthematisierung in einzelnen Gesprächen den unzulässigen Schluss ziehen, dass das Thema von der Bundesregierung nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt würde“.

Die Lage in Darfur, wo Bürgerkrieg seit Anfang 2003 mindestens 70.000 Tote und 1,8 Millionen Vertriebene produziert hat, verschlechtert sich derweil weiter. Gerade um die AU-Basis in Nord-Darfurs Provinzhauptstadt El Fasher nimmt die Gewalt zu: Rebellen nahmen Ende November für vier Tage die 45.000 Einwohner zählende Stadt Tawila ein, die Regierung verhängte den Ausnahmezustand und setzte Luftwaffe ein. „Es droht Chaos“, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan Anfang Dezember dem UN-Sicherheitsrat.

Seit der Sudan-Sondersitzung des Sicherheitsrats in Kenias Hauptstadt Nairobi Mitte November, bei der Darfur nur eine untergeordnete Rolle spielte, habe es eine „plötzliche Verschlechterung“ der Sicherheitslage in Darfur gegeben, analysiert der jüngste Darfur-Bericht der UNO. Die Erreichbarkeit von Hilfsbedürftigen hat sich weiter verschlechtert, und das UN-Welternährungsprogramm rechnet bis Oktober 2005 mit einer Zunahme der Anzahl der Hilfsabhängigen in Darfur von 1,8 auf 2,8 Millionen – fast die Hälfte der Bevölkerung.

Politische Fortschritte lassen auf sich warten. Die laufenden Darfur-Friedensgespräche in Nigeria sind derzeit wieder einmal ausgesetzt. Für neue Verwirrung sorgte in den letzten Wochen das Auftreten einer neuen Darfur-Rebellenbewegung NMRD (Nationale Bewegung für Reform und Entwicklung). Sie kontrolliert nach UN-Angaben große Teile von West-Darfur und wird von Tschads Armee unterstützt. DOMINIC JOHNSON