Streiten will Kanzler erst, wenn Zeit dafür ist

Bildung und Solidarpakt: Die Föderalismuskommission steckt in vielen Fragen fest. Schröder will später mitblockieren

BERLIN taz/ap ■ So kann man Streitkultur pflegen: Der Bundeskanzler und der bayerische Ministerpräsident überhäuften sich gestern mit Freundlichkeiten und Komplimenten. Weil sie sich plötzlich mögen? Weil sie eine große Koalition vorbereiten? Weil sie etwa ein und derselben Meinung wären? Nix da: Die Zeit fürs Kämpfen um den Bundesstaat ist noch nicht da. Erst, so sagte der Bundeskanzler gestern, sollte die Föderalismuskommission die Gelegenheit haben, ihren Entwurf vorzulegen.

Daher sprachen die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler gestern angeblich gar nicht über das, was alle erwartet hatten: die Föderalismuskommission, die die verhedderten Zuständigkeiten bei wichtigen Gesetzen zurücknehmen und entwirren soll. Uneins ist man sich, quer über die Landes- und Parteigrenzen hinweg, über die Zuständigkeit für die Bildung, über Europa, über die Ostsubventionen und über die Frage, wie viel Sicherheit Otto Schilys Bundesbehörden selbst organisieren dürfen. Der Kanzler sagte: Man habe nicht über Dinge sprechen wollen, die ungebührlich kontrovers ausgefallen wären.

Schröder erneuerte seine Vorbehalte, den Solidarpakt zum Aufbau Ost in der Verfassung zu verankern. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland stehe schließlich schon im Grundgesetz, sagte er. Der Pakt sei eine Maßnahme dazu. Er halte es nicht für nötig, ein solches Instrument in die Verfassung aufzunehmen, zumal damit Flexibilität verloren gehe. Die neuen Länder müssten Interesse daran haben, das Mittel beweglich zu lassen, um es bei Bedarf anpassen zu können. Weder der Bund noch ein westdeutsches Land stelle den Pakt in Frage. Stoiber blieb ebenfalls bei seinen Vorbehalten.

Auch eine Einigung in der Kommission beim Thema Bildung ist nicht in Sicht. Die Länder wollen dem Bund sein Mitspracherecht im Bildungsbereich vollständig entziehen, die Berliner Regierung will an einigen Grundsatzkompetenzen festhalten. Der Kovorsitzende der Kommission, Edmund Stoiber (CSU), äußerte sich zurückhaltend auf die Frage, ob die Neuordnung des Föderalismus an der Bildung scheitern könne.

Stoiber betonte, es wäre ein schlechter Tag für die Bundesrepublik, wenn das Projekt scheiterte. Damit käme das föderale System „ins Gerede“ – auch international. Im Falle einer Nichteinigung „würde der Politik insgesamt ein Stück Reformfähigkeit von den Bürgern abgesprochen werden“. Jeder am Verhandlungstisch solle es sich überlegen, ob er die Gespräche scheitern lasse, weil er eine Forderung nicht durchsetze. CIF