Kriegsheld war Verbrecher

KROATIEN Zehn Jahre Haft für den Abgeordneten Glavas, der 1991 die Frontstadt Osijek verteidigte

ZAGREB dpa/taz | Branimir Glavas (52), kroatischer Politiker, ist gestern wegen Kriegsverbrechen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Zusammen mit fünf weiteren Angeklagten sei er für die Ermordung von sieben serbischen Zivilisten im ostkroatischen Osijek 1991 verantwortlich, befand ein Gericht in der Hauptstadt Zagreb.

Die Anklageschrift hatte der Gruppe die Ermordung von 12 Zivilisten zur Last gelegt. Dabei wurden zwei Fälle behandelt: Im Fall „Klebeband“ war Glavas vorgeworfen worden, die illegale Festnahme, Misshandlung und Ermordung serbischer Zivilisten am Ufer der Drava befohlen zu haben. Im Fall „Garage“ ging es um die Misshandlung und Ermordung zweier weiterer serbischer Zivilisten.

Osijek nahe der kroatisch-serbischen Grenze war zu Beginn des kroatischen Unabhängigkeitskriegs von Jugoslawien (1991–1995) monatelang von serbischen Truppen belagert worden. Dabei starben rund 800 Zivilisten durch serbischen Beschuss, und in der Stadt kam es zu Morden an serbischen Bewohnern. Glavas war damals militärischer Befehlshaber von Osijek. Später war er Parlamentsabgeordneter. Als Gründungsmitglied der nationalkonservativen Partei HDZ von Staatsgründer Franjo Tudjman galt er jahrelang als unantastbar. Nach internen Streitigkeiten wurde Glavas 2005 aus der HDZ ausgeschlossen und gründete eine eigene Partei, als dessen Abgeordneter er seit 2007 im Parlament sitzt.

Glavas ist der bisher einflussreichste kroatische Politiker, der wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Der 31 Monate dauernde Prozess war mehrmals unterbrochen, unter anderem weil Glavas aus Protest in Hungerstreik getreten war. Er sagte, die Staatsanwaltschaft sei in Kontakt mit Premier Ivo Sanader, um sich abzusprechen.