Deutsche Schnäppchenjäger ohne Skrupel

Der Konzern Yukos geht, Gazprom kommt. Und die Bundesregierung schweigt. Denn hiesige Firmen verdienen an Putins Schachzügen mit

Deutsche Unternehmen profitieren von der Zerschlagung des russischen Energiekonzerns Yukos. Vor allem der Einfluss des Energieunternehmens Eon und der Deutschen Bank in Russland nimmt zu.

Eon hält über die Ruhrgas rund 6,5 Prozent der Gazprom-Aktien. Das Ganze bedeute für Eon einen „künftig größeren Anteil im Russlandgeschäft“, sagt Hans-Joachim Ziesing, Energieexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Genau das liegt im Interesse der rot-grünen Bundesregierung. Als Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke (SPD) 2002 die Übernahme der Ruhrgas AG durch Eon genehmigte, dienten der größere internationale Einfluss des fusionierten Unternehmens und besonders die künftigen Aktivitäten in Russland als Begründung für den Beschluss.

Doch Eon ist nicht das einzige deutsche Unternehmen, das von der Yukos-Zerschlagung profitiert. Im aktuellen Fall greift zusätzlich die Deutsche Bank unterstützend ein. Sie führt ein Konsortium, das die Übernahme von Juganskneftegas durch Gazprom finanzieren soll. Mit dabei auch die Investmentbank Dresdner-Kleinworth-Wasserstein, eine Tochter der Allianz-Gruppe. Sie hat im Auftrag der russischen Regierung ein Wertgutachten für Juganskneftegas erstellt, das das Unternehmen auf 10,4 Milliarden US-Dollar taxiert. Damit lag sie deutlich unter den Schätzungen von russischen Analysten, die einen Wert von 15 bis 20 Milliarden US-Dollar ermittelt haben. Das von der russischen Regierung festgelegte Mindestgebot liegt mit 6,6 Milliarden Euro noch unter beiden Werten. Gazprom könnte also ein Schnäppchen machen, was nicht nur Eon zugute kommen dürfte.

Denn Gazprom ist auch ein enger Partner der BASF-Tochter Wintershall. Zwar gibt es keine direkten Beteiligungen, aber mehrere gemeinsame Firmen zur Förderung und Verteilung von Erdgas. Wintershall erklärt zwar auf Anfrage, dass Yukos in seinen Geschäftsbeziehungen zu Gazprom kein Thema sei. Schwächer dürfte Wintershall durch den Deal auch nicht werden.

Bei der Bundesregierung genießt das Engagement der deutschen Unternehmen höchste Priorität. Etwa ein Drittel des deutschen Öl- und Gasverbrauchs wird aus russischen Vorkommen gedeckt. 40 Prozent der deutschen Erdgaseinfuhren kommen aus Russland, ebenso jedes dritte importierte Fass Öl.

Dennoch wächst die Kritik an der freundlichen Haltung der Bundesregierung gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin. Michaele Hustedt, Energiepolitikerin der Grünen, kritisierte im Gespräch mit der taz: „Der strategischen Energie-Partnerschaft wird vieles untergeordnet – was ich für falsch halte.“

Auch die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die die Bundesregierung berät, hält das Vorgehen Putins mit einer strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland für nicht vereinbar. „Diese setzt voraus, dass Russland in solchen Fällen nach international anerkannten rechtstaatlichen Grundsätzen verfährt“, sagte Roland Götz, Leiter der Forschungsgruppe Russland/GUS der taz. „Das ist bei Yukos nicht der Fall.“

Auch Karsten Smid, Energieexperte der Umweltorganisation Greenpeace, betont: „Deutsche Politiker verschließen die Augen und haben einseitig Wirtschaftsinteressen im Blick.“

Wirtschaftskooperation als Kernelement einer strategischen Partnerschaft zwischen Staaten ist problematisch, lautet die Einschätzung der SWP hinsichtlich der deutsch-russischen Beziehungen. Um bei der strategischen Partnerschaft das Transformationsziel nicht aus dem Auge zu verlieren, sollte „sachlich begründete Kritik an Verhältnissen im Partnerland auch öffentlich geäußert werden.“

HANNES KOCH, STEPHAN KOSCH