Schnäppchenjagd ohne Skrupel

Der russische Ölkonzern Yukos wird zwangsversteigert. Das ist rechtlich fragwürdig. Doch die Bundesregierung hält sich mit Kritik zurück. Schließlich profitieren auch deutsche Konzerne

BERLIN taz ■ Vor der Zerschlagung des russischen Ölkonzerns Yukos wächst die Kritik an der freundlichen Haltung der Bundesregierung gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin. Michaele Hustedt, Energiepolitikerin der Grünen, kritisierte im Gespräch mit der taz: „Der strategischen Energiepartnerschaft wird vieles untergeordnet – was ich für falsch halte.“ Auch die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die die Bundesregierung berät, hält das Vorgehen Putins mit einer strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland für nicht vereinbar. „Diese setzt voraus, dass Russland in solchen Fällen nach international anerkannten rechtsstaatlichen Grundsätzen verfährt“, sagte Roland Götz, Leiter der Forschungsgruppe Russland/GUS der taz. „Das ist bei Yukos nicht der Fall.“ Karsten Smid, Energieexperte der Umweltorganisation Greenpeace, betont: „Deutsche Politiker verschließen die Augen und haben einseitig Wirtschaftsinteressen im Blick.“

Der Unmut entzündet sich an der für Sonntag geplanten zwangsweisen Versteigerung von Teilen des russischen Energiekonzerns Yukos durch die russische Regierung. Von diesem Geschäft dürfte auch die deutsche Industrie profitieren. So ist der Energiekonzern Eon über seine Tochter Ruhrgas am russischen Gasmonopolisten Gazprom beteiligt. Dieser gilt als Favorit für den Erwerb der wichtigsten Yukos-Tochter. „Wenn Gazprom profitiert, profitiert Eon“, sagt Hustedt. Sie sieht allerdings den Konzern nicht als Motor des Geschäfts.

Auch die BASF-Tochter Wintershall ist ein enger Geschäftspartner von Gazprom und hat mit den Russen mehrere gemeinsame Firmen gegründet. Die geplante Übernahme der Yukos-Tochter wird zudem finanziert durch ein von der Deutschen Bank geführtes Konsortium. Mit dabei ist auch die Allianz-Tochter Dresdner Kleinwort-Wasserstein.

„Wirtschaftskooperation als Kernelement einer strategischen Partnerschaft zwischen Staaten ist problematisch“, lautet die Einschätzung der SWP der deutsch-russischen Beziehungen. Um bei der strategischen Partnerschaft das Transformationsziel nicht aus dem Auge zu verlieren, sollte „sachlich begründete Kritik an Verhältnissen im Partnerland auch öffentlich geäußert werden“. HANNES KOCH
STEPHAN KOSCH

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