Zum Fest ein Dreigestirn

Das Weihnachtsmenü des taz.mag ist in diesem Jahr raffiniert, aber mit Bodenhaftung. Aus regionalen Produkten entsteht ein köstliches 3-Gänge-Festessen, das sich einfach nachkochen lässt und nicht nach Zutaten verlangt, die man nur einmal benutzt und dann nie wieder

VON TILL EHRLICH

Die letzte Woche vor Weihnachten beginnt. Der hysterische Countdown um uns herum ist ein guter Anlass, es anders zu machen. Dazu gehört auch, dass man das Weihnachtsessen entspannt und gelassen angeht. Schließlich soll es uns gut gehen, wollen wir genießen und ein wenig innere Ruhe finden.

Ausgerechnet zu Weihnachten sollte man nicht mit Profiköchen konkurrieren wollen. Wer tagelang im Weihnachtswahn an kniffligen Pasteten tüftelt oder die Küche in ein Schlachtfeld des (meist männlichen) Ehrgeizes verwandeln will, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Pastete misslingt, der Braten noch nach fünf Stunden zäh ist und inzwischen das Rotkraut anbrennt. Solche Pannen sind nur zu oft Auslöser für einen saftigen Eklat im schönen Advent. Kein Wunder, dass Freunde oder Familie irgendwann bockig werden und keine Lust mehr haben, Hobbykoch-Starallüren zu ertragen. Selbstverwirklichung in der Küche kann ein schöner Freizeitausgleich sein, doch zu Weihnachten sollte man davon lieber die Finger lassen.

Unser Weihnachtsmenü basiert auf einer bewährten Küchenweisheit: Gute Organisation ist (fast) alles. Denn das Gelingen eines Gerichts ist mehr an das Timing gebunden als an den kreativen Kick. Je überlegter man zu Werke geht, desto sicherer ist der Erfolg, und desto weniger erschöpft ist man hinterher.

Wir bestellen uns daher die wichtigsten Zutaten vorher. Zudem delegieren wir so viel wie möglich an Fachleute: Der Zander wird beim Fischhändler bestellt, wir lassen ihn filetieren und entschuppen. Auch die Biopoularde können wir bestellen, beim Biobauern oder -metzger. Letzterer zerlegt auch in der Regel für uns die Poularde gleich mit. Das Dessert, die Sanddorncreme, lässt sich samt Walnusskrokant am Vortag zubereiten. Man kann auch die einzelnen Gänge unter Freunden aufteilen; so trägt jeder etwas bei, und der Aufwand verteilt sich auf mehrere Schultern.

Wir sind auch nicht geizig, weil wir wissen, dass gute Zutaten Wellness von innen bedeuten. Je besser und frischer die Grundprodukte, um so weniger muss man würzen, wirbeln und ausgleichen, weil gute Sachen schon von sich aus schmecken. Und für unseren Hauptgang sind wir nicht dogmatisch, nur konsequent: Die Poularde muss nicht unbedingt mit Mais aufgepäppelt worden sein. Wichtiger ist, dass sie aus artgerechter Freilandhaltung ist.

Die Schokoladensoße ist mexikanisch inspiriert. Sie schmeckt nicht süß, sondern nach Huhn, frischem Ingwer und dunkler Schokolade. Hinzu kommt Schärfe, die nicht höllisch, sondern versöhnlich sein soll. Inspiriert ist sie von „Mole Poblano“, einem mexikanischen Festessen. Die Schokolade darin geht auf die Inka zurück, die den dunklen Stoff nicht süß, sondern chilischarf bevorzugten. Dunkle Schokolade, Huhn und Chili sind ein köstliches Dreigestirn. Und beim Dessert weht eine frische Brise: Sanddorn, die Zitrone des Nordens, vertreibt jedes Völlegefühl.

Erster Gang: Zanderfilet mit Sternanis und gebratenen Fenchelstreifen

Für vier Portionen: 2 Zanderfilets mit Haut à ca. 200 g, entschuppt; Walnussöl zum Braten, biologisch reines Meersalz, 2 kleine Fenchelknollen, 2 mittlere Knoblauchzehen, 1 französische Schalotte, 4 Sternanis, 100 ml trockener Weißwein, 100 ml Fischfond, 1/2 TL Honig, Prise Chilipulver

1. Zanderfilets quer halbieren, so dass insgesamt vier gleich große Filetstücke entstehen. Die Haut mit einem scharfen Messer zwei-, dreimal einritzen. Beidseitig dünn mit Walnussöl bestreichen und zugedeckt in den Kühlschrank stellen.

2. Fenchel waschen, Grün abschneiden, hacken und aufbewahren. Wurzelansätze abschneiden. Fenchelknollen halbieren, Strünke herausschneiden. Fenchel in sehr dünne Streifen schneiden. Schalotte pellen, halbieren und in feine Streifen schneiden. Knoblauch pellen.

3. Fischstücke auf der Fleischseite leicht salzen. 2 EL Öl in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Fischstücke mit der Hautseite hineinlegen und bei mittlerer Hitze 3 Minuten braten. Filets herausnehmen und beiseite stellen. Bei kleiner Hitze eine Knoblauchzehe dazupressen, unter Rühren goldgelb dünsten, vorsichtig (spritzt!) Weißwein, Fischfond, Sternanis und Honig zugeben. Aufkochen und Flüssigkeit auf etwa zwei Drittel der Menge einkochen. Dann die angebratenen Fischstücke wieder zugeben, einmal aufkochen, Pfanne zudecken und vom Feuer nehmen.

4. In einer größeren Pfanne 2 EL Öl erhitzen, bei mittlerer bis starker Hitze die Fenchel- und Schalottenstreifen braten. Ständig rühren. Eine Knoblauchzehe hineinpressen, salzen und weiterrühren, bis das Gemüse goldgelb und kross ist. Vom Feuer nehmen, etwas Chili zugeben. Abdecken. Inzwischen die Pfanne mit dem Zander noch einmal kurz erhitzen und den Fond eventuell mit Salz und Honig nachwürzen.

5. Fenchelgemüse auf vorgewärmte Teller verteilen. Zanderstückchen vorsichtig aus der Pfanne nehmen und in die Tellermitte auf das Fenchelgemüse legen. Je einen Sternanis auf den Fisch legen. Mit heißem Bratfond aus der Fischpfanne beträufeln. Alles mit dem gehackten Fenchelgrün bestreuen und servieren.

Zweiter Gang: Maispoularde mit Ingwer-Schokoladen-Soße und geschmortem Mangold

Für vier Portionen: 1 Biomaispoularde (ca. 1,3 kg), biologisch reines Meersalz, Walnussöl, 1 Bund Thymian, 3 Knoblauchzehen, 500 ml Geflügelfond, 3 Schalotten, 1 mittelgroßer Boskopapfel, 400 g Mangold, Chilipulver, ca. 6 Bio-Tortillachips, 50 g dunkle Schokolade (mindestens 70 Prozent Kakaoanteil – je höher der Kakaoanteil, desto besser), frische Ingwerknolle

1. Poularde in Ober- und Unterkeulen und Flügel zerteilen. Das Bruststück im Ganzen lassen. Flügel anderweitig verwenden. Schalotten und Knoblauch pellen. Poulardenteile rundum salzen und mit Öl einreiben. In einem flachen Bräter 2 EL Öl nicht zu stark erhitzen und darin zuerst langsam die Keulenstücke bräunen. Dann in den vorgeheizten Backofen stellen, bei 200 Grad auf der zweiten Einschubleiste von unten 10 Minuten braten. Dann das Bruststück, Thymian und 2 ganze Knoblauchzehen zugeben. Weitere 25 bis 30 Minuten garen. Zwischendurch mit Bratfond beschöpfen und 100 ml Geflügelfond angießen.

Apfel waschen, achteln, Kerngehäuse ausschneiden. Die Apfelachtel während der letzten 5 Minuten in der Geflügelpfanne mitbraten.

2. Mangold waschen, ca. 10 cm vom Wurzelansatz abschneiden. Den Rest der Staude quer in dünne Streifen schneiden. Eine Schalotte in feine Ringe schneiden. In einer höheren Pfanne 2 EL Öl erhitzen, Schalottenringe anschwitzen, 1 Knoblauchzehe hineinpressen und goldgelb bei mittlerer Hitze anschwitzen. Mangoldstreifen zugeben, 100 ml Geflügelfond angießen. Salzen und eine Prise Chili zugeben. Mit Deckel ca. 10 Minuten bei kleiner bis mittlerer Hitze dünsten, zwischendurch umrühren.

3. Schokolade grob raspeln. Ingwer schälen und grob würfeln. Eine Schalotte in Ringe schneiden. In einem Topf 1 EL Öl erhitzen und darin die Schalottenringe goldgelb dünsten, mit 300 ml Geflügelfond aufgießen. Tortillachips hineinbröseln und alles aufkochen, Topf vom Feuer nehmen. Ingwer in den heißen Geflügelfond geben, anschließend alles im Mixer pürieren, Schokolade nach und nach zufügen. Mixen, bis alles homogen ist. Mit Salz und etwas Chilipulver abschmecken.

4. Nach Ende der Garzeit Geflügelstücke aus dem Bräter nehmen. Keulen vom Knochen lösen. Brustfleisch vom Knochen schneiden. Das abgelöste Poulardenfleisch in Portionsstücke schneiden, mit den Apfelstückchen in Folie einwickeln und warm stellen. Den Bratfond eventuell entfetten, durch ein Sieb schütten und zur Ingwer-Schokoladen-Soße dazugießen. Noch mal alles kurz aufmixen.

5. Mangoldgemüse auf vorgewärmten Tellern verteilen. Geflügelstücke aus der Folie nehmen, auf dem Mangold anrichten. Mit Ingwer-Schokoladen-Soße umgießen. Apfelachtel auf den Poulardenstücken verteilen. Dazu passen frisches Weißbrot oder geröstete Polentascheiben.

Dritter Gang: Sanddorncreme mit Walnusskrokant

Zutaten für vier Portionen:

Creme: 150 g Vollmilchjoghurt, 150 g süße Sahne, 100 ml Sanddornsaft pur, 4 EL Portwein, 80 g Vollrohrzucker, 4 g Johannisbrotkernmehl

Walnusskrokant: 50 g Walnusskerne, 30 g weißer Zucker, 1 TL dunkler Honig, Walnussöl zum Karamellisieren und Bearbeiten

1. Joghurt mit dem Rohrzucker und dem Sanddornsaft verrühren; Sahne steif schlagen. Johannisbrotkernmehl mit einem Schneebesen nach und nach zum Joghurt-Sanddorn-Gemisch geben. Sahne unterheben, Creme mit dem Portwein abschmecken und damit vier Schalen auffüllen und mindestens eine Stunde zugedeckt kalt stellen.

2. Für den Walnusskrokant die Nüsse grob hacken. Zucker in einer Pfanne karamellisieren, Honig und etwas Walnussöl unter ständigem Rühren (Vorsicht: verbrennt leicht!) zugeben. Gehackte Nüsse untermischen, auf einen geölten Teller streichen. Erkalten lassen, fein hacken.

3. Creme mit Walnusskrokant bestreuen und servieren.