Albern oder Nörgeln

Auf einer PEN-Tagung fragte einmal eine Dame einen Herrn: „Sagen Sie, ist der Herr Chotjewitz immer so albern?“ Darauf der Meister selbst: „Das bin nicht ich, das ist mein alter Leo.“ Sein „alter Leo“, das scheint bei dem Schriftsteller, Dario-Fo-Übersetzer und ehemaligen Anwalt von Andreas Baader demnach der schalkhafte Teil seiner Persönlichkeit zu sein. Nun hat der stets mit Hut und Fliege ausgestattete Autor Bücher über zwei andere Leos geschrieben, aus denen er im Polittbüro lesen wird.

Während ihre Schulfreundinnen für „Leo die Cabrio“ schwärmen, hat die frühreife Leonie, genannt Leo, aus dem Roman Als würdet ihr leben andere Sorgen. Weil kein „Zustand der Welt denkbar wäre, der einen normal empfindenden Menschen nicht zum Wahnsinn treiben könnte“, will sie eine „gute Tat“ vollbringen und jemanden umbringen.

Neben der Kalauerlust teilt die Heldin auch Chotjewitz‘ Ansichten über Literatur. Weil das Leben nicht handele, lehnt Leo „Romane mit Handlungen“ ab – wie ihr Erfinder, der lieber mit Sprache und Genres spielt, als lineare Geschichten zu erzählen. Auch das unterscheidet Chotjewitz von den heutigen Popliteraten, zu denen man ihn in den Sechzigern auch mal zählte.

In seinem kunsthistorischen Monumentalwerk Alles über Leonardo aus Vinci, das er ebenfalls vorstellt, geht Chotjewitz nach der „Methode des nachempfindenden Erfindens“ vor. In der Biographie Leonardos gibt es „genügend Lücken, die ich mit eigenen Erfahrungen auffüllen konnte, so dass auch der notorische Nörgler nicht viel wissen kann, was meiner Darstellung widerspricht“. Es gibt also durchaus Gemeinsamkeiten zwischen diesen Leo-Figuren und Chotjewitz‘ Alter Ego. Marit Hofmann

Mo, 20.12., 20 Uhr, Polittbüro