urdrüs wahre kolumne
: Segen für Onkel Dagobert

Vorausgesetzt, es stimmt tatsächlich, dass täglich „Busse aus ganz Europa“ zum Bremer Weihnachtsmarkt anrollen, wie die Touristikzentrale jetzt behauptete: wäre das nicht Beleg dafür, welch piesepampelige Bedürfnis- und Geschmackslosigkeit sich in diesem politischen Gebilde ausdrückt?

In einem Wunstorfer Schuhgeschäft werde ich dieser Tage beim Kauf eines Paars wärmender Pantoffeln mit einem kleinen Plastikpüppchen als „Ihr Schutzengel und Begleiter für das Neue Jahr“ überrascht. Leider hat sich diese Wesenheit schon Minuten später durch ein Loch in meiner Leinentasche aus dem Staub gemacht und wird seinen Job nun beim ehrlichen Finder antreten:Möge die Übung gelingen!

Dass jetzt alles auf dem Weserkurier und seinem armen Großkritiker Dr. Arnulf Marzluf rumhackt! Ohne mich in den Hickhack um seine Opernschelte einmischen zu wollen, gebe ich zu bedenken, dass mir und anderen Freunden einer sich von jedem Sinn emanzipierenden Feuilleton-Schreibe einiges an Lebensfreude genommen würde, müsste Marzluf den Griffel abgeben: Seine Texte wollen nicht vom Gehalt her rezipiert oder gar ernstgenommen werden, sondern leben vom einzigartigen Duktus enzyklopädischer Sprach-Kunststücke im gedanklichen Schweinsgalopp ins Nowhere-Land und reichen damit an die Glanzleistungen des frühen Dadaismus in Zürich heran.

Auf Wunsch der Dramaturgie des Hauses wäre ich gern bereit, für den Goetheplatz ein Stück zur Würdigung dieses Künstlers zu konzipieren. Muss auch nicht gleich Bruno Ganz als Gast für die Hauptrolle verpflichtet werden: Klaus-Jürgen Wussow reicht schon!

Mit Interesse habe ich in der taz nord von den Möglichkeiten gelesen, sich durch ein präpariertes Semesterticket einigermaßen problemlos freie Fahrt in Bus und Bahn zu verschaffen. Da es mir an technischen Fähigkeiten fehlt und ich derzeit nicht über entsprechende Kontakte verfüge, bitte ich um hilfreiche Angebote oder gar ein fertiges Falsifikat, damit ich einen heroischen Selbstversuch zwecks literarischer Verarbeitung wagen kann. Es eilt!

Der geschätzte Theologe Louis-Ferdinand von Zobeltitz beklagt, dass die Kirche den Kontakt zu den Reichen verloren habe und weiß dabei doch selbst aus der Geschichte vom reichen Jüngling, dass eher noch ein Kamel durch ein Nadelöhr ginge, als dass …, der Rest ist bekannt.

Kurz und gut: So sehr viel Trost hält die Heilige Schrift für Millionarios nicht bereit, und Erlösung bringt am Ende wirklich nur deren Befreiung von der Kontenlast auf ihren Schultern. Die soziale Revolte – keine romantische Verschwörung gegen die Geldsäcke, sondern der Segen für die Dagobert Ducks dieser Welt …

All jenen, die feststellen wollen, ob man auch ohne Alkohol lustig sein kann, sei die Heiligabendfeier bei den Bremer Guttemplern in Walle, Vegesacker Straße 43/45 ans einsame Herz gelegt. Ab 18 Uhr geht’s rund unterm Tannenbaum und „all das kostet weder Mut, Eintritt noch Verzehr, sondern nur den Entschluss, der Trübsal und der Traurigkeit ein Ende zu bereiten“, heißt es in der Einladung und sofern an diesem Tage nicht gerade die LETZTE SCHLACHT als Ende allen Jammers angesagt ist, kann sowas vielleicht gar nicht schaden, meint jedenfalls

Ulrich „Christkind“ Reineking