Hollerland wird FFH-Gebiet

Der Dauerstreit um den Schutz des Hollerlands ist zu Ende. Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) gibt dem Drängen von EU und Umweltschützern nach: Statt Technologiepark soll der südliche Teil des Feuchtgebiets nun auch EU-Naturschutzgebiet werden

Gerold Janssen über Jens Eckhoff: „Er hat ja lange gezappelt.“

Bremen taz ■ 26 lange Jahre haben sie gekämpft, am Dienstag kann die Bürgerinitiative „Hände weg vom Hollerland“ die Sektkorken knallen lassen. Der Bremer Senat wird auch den südlichen, direkt an die Autobahn angrenzenden Teil des Hollerlands bei der EU als europäisches Naturschutzgebiet (FFH-Gebiet) anmelden. Gleiches gilt für die Stromer Feldmark, das Mühlenhauser Fleet, die Ochtum, die Lesum zwischen Sperrwerk und A 27, Krietes Wald sowie mehrere Parks in Oberneuland. Dem Vorschlag von Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) haben nach taz-Informationen auch das CDU-geführte Wirtschaftsressort und Bürgermeister Henning Scherf (SPD) bereits zugestimmt – ein Riesenerfolg für die Bürgerinitiative.

Mit der Unterschutzstellung des kompletten Hollerlands wird einer der längsten und symbolträchtigsten Naturschutzkonflikte Bremens beigelegt. Noch vor anderthalb Jahren hatte die CDU in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, lediglich den hinteren Teil des Hollerlandes als FFH-Gebiet anzumelden. Das vordere Drittel der Fläche, in unmittelbarere Nähe der Universität gelegen, sollte dagegen zur Erweiterungsfläche für den Technologiepark werden. Umweltschützer hatten von Anfang an kritisiert, dass jene großkoalitionäre „rote Linie“ nicht in Einklang mit EU-Recht zu bringen sei. Danach nämlich muss geschützt werden, wo Schützenswertes lebt – unabhängig davon, ob das den politischen Machthabern gelegen kommt oder nicht.

In diesem Fall dürfte die Hartnäckigkeit der EU Eckhoff in der Auseinandersetzung mit seinen Parteifreunden gut zupass gekommen sein. Erst im Frühjahr hatte die EU-Kommission Bremen en detail aufgelistet, welche Flächen ihrer Ansicht nach noch zu melden seien, mit dabei: das Hollerland, einzigartiger Lebensraum des Schlammpeitzgers, einem seltenen Grabenfisch. Auch eine erneute Fischzählung im Auftrag des Umweltressorts eröffnete diesbezüglich keinen Spielraum: Der Schlammpeitzger, so das Ergebnis, siedelt nämlich im gesamten Hollerland, das daher auch als Ganzes geschützt werden muss. An dieser Forderung, so heißt es in dem der taz vorliegenden Papier des Umweltressorts, habe die EU auch beim jüngsten Besuch Eckhoffs in Brüssel „eindeutig“ festgehalten.

Eckhoffs Vorstoß im Senat kommt nun buchstäblich in letzter Minute. Ende Januar nämlich läuft die letzte Nachmeldefrist der EU endgültig ab. Sind die schutzwürdigen Gebiete bis dahin nicht alle gemeldet, drohen tägliche Strafzahlungen in sechsstelliger Höhe. Der Bund hat bereits zugesichert, diese umgehend an die verantwortlichen Länder weiterzureichen. Und weil die EU-Richtlinie schon seit sechs Jahren hätte umgesetzt werden müssen, könnte die EU sogar rückwirkend eine Strafe verhängen.

De facto ist der Schritt zum FFH-Schutz gerade im Hollerland nicht sonderlich groß. Denn die Wiesen und Gräben sind bereits deutsches Naturschutz- und europäisches Vogelschutzgebiet, eine Bebauung daher sowieso nur möglich, wenn ein überragendes öffentliches Interesse nachgewiesen werden kann und das Vorhaben nirgendwo anders zu verwirklichen ist. Für eine Erweiterung des Technologieparks, so Rode, könne das wohl kaum behauptet werden, weswegen der Streit um den FFH-Schutzstatus „in allererster Linie ein Politikum“ gewesen sei: Setzt sich der Naturschutz durch oder nicht?

Hollerland-Kämpfer Gerold Janssen zumindest hatte Eckhoff schon gleich nach der Wahl 2003 das Erstere prophezeit. „Ich habe damals zu ihm gesagt: ‚Wenn du glaubst, dass du was gegen den FFH-Schutz dieses Gebietes unternehmen kannst, dann fällst du auf den Bauch.‘“ Eckhoff, lobte Rode gestern, habe „fachlich korrekt und ordentlich“ gehandelt, wenn auch mit Verspätung. Oder in Janssens Worten: „Er hat ja lange gezappelt“. Armin Simon