Trash-Sender ohne Lizenz

tv.nrw droht der Ausschluss aus dem Kabelnetz

Jetzt drohen auch noch die letzten GuckerInnen flöten zu gehen: Der private Fernsehsender tv.nrw könnte aus dem nordrhein-westfälischen Kabelprogramm genommen zu werden. Die Landesanstalt für Medien NRW beschloss am Freitag, dass der Sender sein Privileg als landesweites Programm verliert und bei der Kabelbelegung keine vorrangige Berücksichtigung mehr findet. Begründet wurde dies mit dem geringen NRW-Bezug des Programms: Nur 8,1 Prozent der Gesamtsendezeit haben einen Bezug zum Bundesland.

Diese Zahl scheint sogar hochgegriffen: Der Dortmunder Sender quarzt seine Fans mit Kochstunden, nur schlecht versteckten Verkaufsshows und amerikanischen Unfallreportagen voll. Ganz düster sieht es in der Nacht aus: Dann wiederholt tv.nrw Softpornos vom Telefonsender 9Live oder stellt Horoskope auf. Nur ein paar regionale Sendungen wie ein NRW-Reisemagazin und Nachrichtensendungen lenken vom amerikanischen Blut-Trash ab.

Dabei hatte tv.nrw zu seinem Start vor drei Jahren noch mit einem Zuschaueranteil von fünf bis zehn Prozent gepokert, der WDR seine Lokalfenster ausgebaut, um der ungewohnten Konkurrenz die Stirn zu bieten. Die Euphorie legte sich sehr schnell: Durchschnittlich unter einem Prozent der FernsehguckerInnen bleiben bei tv.nrw hängen. So haben auch die ehemaligen Anteilseigner WAZ und Rheinische Post 2003 ihre Aktien verkauft, weil sie keine Chancen für den regionalen TV-Markt mehr sahen. Kurz zuvor hatten auch die Privatsender RTL und SAT1 ihre abendlichen Lokalfenster ausgebaut. Jetzt ist der Sender fest in rheinischer Hand: 30 Prozent gehören dem Kölner Verleger DuMont Schauberg und 70 Prozent der „apm medien agentur“, ebenfalls aus Köln.

Eine letzte Chance bleibt tv.nrw dennoch: Wenn bis zum 15. Juni 2005 das Programm informativer und landesbezogener wird, könnte der Sender auf dem Kabelplatz bleiben, kündigte die Landesmedienanstalt an. Die Anstalt ist Herrscherin über das Kabelprogramm und vergibt die Programmplätze im Kabelnetz. Dies sei allerdings die allerletzte Frist. Verstreicht diese wieder ungenutzt, können NRW-BürgerInnen demnächst echte Neuigkeiten gucken: Der Nachrichtensender Euronews und der Informationssender XXP sollen sich dann den Platz Kanal S 06 teilen. ANNIKA JOERES