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: Sie können’s nicht lassen

Nach dem verlorenen Prozessfindet Springer promptneues Material gegen Wallraffund fühlt sich als Sieger

Eigentlich hätte am Samstag in Bild der „Verlierer des Tages“-Kasten für Günter Wallraff reserviert sein müssen. Denn nach der Springer-Dialektik ist auch ein verlorener Prozess mindestens ein halber Sieg. Also: Nach dem Urteil des Hamburger Landgerichtes dürfen Springers Blätter Günter Wallraff nun nicht mehr als „Stasi-IM“ bezeichnen. Zulässig bleibt aber weiterhin, von Wallraffs Stasikontakten und anhängigen Verdachtsmomenten zu schreiben. „Zulässig bleibt weiterhin zu berichten, Wallraff sei höchstwahrscheinlich Stasi-IM“, heißt dies denn auch nach Springer-Lesart.

Und der in schönster Dreifaltigkeit gleich für Welt, Welt Kompakt und Berliner Morgenpost „gesamtverantwortliche Chefredakteur“ Jan-Eric Peters sattelte noch eins drauf: „Auch nach Auffassung des Gerichts ist Wallraff dringend verdächtig, wissentlich und willentlich Stasi-IM gewesen zu sein.“ Das steht zwar so nirgendwo, aber was soll’s: Denn „trotz der erdrückenden Beweislage sah dieses Gericht aber letzte Zweifel nicht ausgeräumt“, monierte Peters, und so was macht wütend.

Die Welt musste also mal wieder ran, die angeschlagene Ehre zu retten. Am Samstag präsentierte sie neue Beweise für die Machenschaften des „Großinvestigators“ (Welt über W.): Danach ist in der Birthler-Behörde „ein als ‚streng geheim‘ eingestufter Bericht“ aufgetaucht, „der von jenem Agenten besorgt wurde, dessen Registriernummer von der Behörde Günter Wallraff zugeordnet wird“. – Warum hat’s dann, bitte schön, keiner im Prozess vorgelegt?

Es handelt sich dabei übrigens um die „streng vertrauliche Richtlinien für das Verhalten der Firmen bei wilden Streiks“, verfasst vom Unternehmerverband Gesamtmetall anno 1970. Klar ist: Die Sache bleibt auch für Wallraff nicht astrein geklärt. Dass ihm jetzt das „Dokument mit der Nummer 1070“ den Hals bricht, ist unwahrscheinlich.

Und was macht jetzt Bild? Titelte „Wallraff stand Stasi nahe“ ganz klein und missverständlich auf Seite 2. Ihr werdet doch nicht etwa müde? STG