Dutschke-Straße ist auf dem Weg

PDS-Fraktion greift taz-Initiative zu Umbenennung der Kochstraße auf und trägt sie in die morgige Sitzung des Bezirksparlaments Friedrichshain-Kreuzberg. SPD und Grüne signalisieren Unterstützung

VON STEFAN ALBERTI

Kreuzberg könnte ab morgen Abend eine Rudi-Dutschke-Straße statt einer Kochstraße haben – fast genau zum 25. Todestag des Studentenführers. Die PDS, größte Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg, will die Umbenennungsinitiative der taz in die morgige Sitzung des Gremiums tragen. SPD und Grüne stehen der Sache positiv gegenüber und wollten Genaueres gestern Abend diskutieren.

Die taz, deren Haus in der Kochstraße nach Dutschke benannt ist, hatte die Initiative Ende vergangener Woche der BVV vorgelegt. Zu den Unterstützern gehörten Grünen-Bundeschefin Claudia Roth, SPD-Bildungssenator Klaus Böger und PDS-Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer. Antragsschluss für die morgige Sitzung war zwar vergangenen Dienstag. Die Tagesordnung lässt sich jedoch mit dem Argument der Dringlichkeit ergänzen. Die ergibt sich für die PDS-Fraktion durch den nahen Todestag Dutschkes, der am 24. Dezember 1979 in Dänemark an den Spätfolgen eines elf Jahre zuvor verübten Attentats starb.

„Wir wollen SPD und Grüne mit ins Boot holen“, sagte PDS-Fraktionschef Knut Mildner-Spindler gestern der taz. Für die nötige Mehrheit von 28 Stimmen reicht seiner Fraktion, die in der 55-köpfigen BVV 17 Sitze hat, rechnerisch ein Partner aus: Die Sozialdemokraten haben 15 Mandate, die Grünen 13 Sitze.

Die SPD-Fraktion gab sich gestern offen für eine Umbenennung. „Wir hängen nicht unbedingt an der Kochstraße“, sagte Fraktionsvize Peter Beckers, „grundsätzlich stehen wir diesem Ansinnen aufgeschlossen gegenüber.“ Für Beckers spricht auch nichts dagegen, die Sache dringlich zu behandeln. Grünen-Fraktionschefin Bernadette Kern sah „vom Prinzip her“ keine Probleme, den Dutschke-Antrag morgen zu diskutieren. Vor der erst nach Redaktionsschluss beendeten Fraktionssitzung wollte sie sich aber nicht festlegen.

PDS-Mann Mildner-Spindler schloss gestern nicht aus, dass die BVV die Sache in einem Ausschuss weiterbehandelt und erst später entscheidet. Er erinnerte an eine Idee aus den 90ern, in Friedrichshain eine nach seinen Worten unbedeutende Straße nach einem Barrikadenkämpfer von 1848 umzubenennen: „Das hat zu eineinhalb Jahren Hickhack in der BVV geführt.“

Bei der Spitze der CDU-Fraktion, der kleinsten in der BVV, waren gestern am frühen Nachmittag weder taz-Anliegen noch PDS-Antrag bekannt. Fraktionschef Dieter Dummin sagte, er persönlich sei vom Grundsatz her aus Kostengründen gegen Umbenennungen, „ob die nun Rudi-Dutschke- oder Helmut-Kohl-Straße heißen“. Neue Straßenschilder seien dabei noch das kleinste Problem, stärker seien die Anwohner betroffen. Laut Dummin gab es seit 1995 keine Umbenennung in Kreuzberg, lediglich neue Straßen wurden auch neu benannt.

Die Bezirksverordnetenversammlung tagt morgen um 17.30 Uhr im Rathaus Kreuzberg, Yorckstraße 4–11. Um die Rudi-Dutschke-Straße geht es voraussichtlich ab 19.30 Uhr