DIE NEUE LINKSPARTEI IST BESCHLOSSENE SACHE. IHR ERFOLG IST UNGEWISS
: Die Macht der Gewöhnung

Die „Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ soll eine Partei werden, haben ihre Mitglieder am Wochenende per Urabstimmung entschieden. Das war zu erwarten. Dass ihr Zusammenschluss bei Wahlen von Erfolg gekrönt sein wird, scheint dagegen immer unwahrscheinlicher.

Im Frühjahr war das noch anders. Die damals noch zwei Linksinitiativen artikulierten den Unmut über Sozialkürzungen. Eine Koalition aus bayerischen SPD-Abweichlern und norddeutschen Linksintellektuellen trieb eine verschreckte und verunsicherte SPD vor sich her, die panisch mit Ausschlussverfahren reagierte. Bis zu elf Prozent seien drin, prophezeiten ihnen Umfragen.

Dieses Potenzial wollen die nutzen, die für eine Parteigründung gestimmt haben. Doch welche Wähler sollten der neuen Linkspartei jetzt noch ihre Stimme geben? Die große öffentliche Empörung über Hartz IV ist verhallt, und von den Montagsdemonstrationen sind nur noch kümmerliche Reste übrig geblieben. Die Republik hat sich an Hartz IV gewöhnt.

Inzwischen haben viele künftige Empfänger von Arbeitslosengeld II bereits ihre Bescheide bekommen und wissen, wie viel Geld ihnen der Staat ab 2005 zahlt. Widerspruch gibt es kaum noch. Trotzdem hoffen die Parteigründer auf den Januar, wenn das Arbeitslosengeld II zum ersten Mal ausgezahlt wird. Die Wut über gekürzte Gelder soll die Linkspartei in die Landesparlamente und den Bundestag spülen, so die Hoffnung.

Das dürfte sich als Wunschdenken erweisen. Denn um die Initiative zu ergreifen, hätte sich die Wahlalternative mit klaren programmatischen Aussagen als Linkspartei profilieren müssen. Diesen Zeitpunkt aber hat sie verpasst. Immer noch ist sie wenig mehr als eine Ansammlung von Hartz-Gegnern verschiedenster Couleur. Und die Parteiführung hat Angst davor, mit weiter gehenden Stellungnahmen all jene abzuschrecken, die sonst rechts wählen würden. Damit hat sich die Partei unauflösbar an Hartz IV gekettet. Wenn dieses Thema nicht mehr aktuell ist, wird auch die Zeit der neuen Linkspartei vorbei sein. DANIEL SCHULZ