Indonesiens Präsident bastelt sich Mehrheit

Indonesiens größte Partei Golkar schlägt sich durch die Wahl ihres neuen Vorsitzenden Jusuf Kalla auf die Seite der neuen Regierung. Die bekommt damit eine Mehrheit im Parlament. Kalla entgeht mutmaßlichem Giftanschlag

BERLIN taz ■ Der seit Oktober amtierende indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono kann aufatmen. Zumindest vorübergehend. Denn beim Kongress der Golkar-Partei, der größten Partei des Landes, setzte sich am Wochenende bei der Wahl des Vorsitzenden überraschend Susilos Vize Jusuf Kalla durch. Damit hat Susilos Regierung jetzt erstmals die Chance auf eine Mehrheit im Parlament. Denn Susilos eigene Demokratische Partei verfügt nur über ein Zehntel der Sitze und konnte nach seinem Sieg bei der Direktwahl im September keine Parlamentsmehrheit organisieren. Mit Golkars Stimmen kann Susilo fast auf eine Zweidrittelmehrheit zurückgreifen.

Bei dem zum Teil tumultartigen Parteikongress auf der Ferieninsel Bali stimmten 323 Delegierte für den Herausforderer Kalla und nur 156 für den bisherigen Parteichef Akbar Tanjung. Als größte und reichste Partei des Landes war Golkar jahrzehntelang Vehikel des Diktators Suharto. Nach dessen Sturz 1998 übernahm Akbar die Golkar-Spitze und wurde so Königsmacher. Dies ermöglichte ihm trotz Verurteilung wegen Korruption zu drei Jahren Haft, mit einem Freispruch aus der Berufung herauszukommen. Akbar führte Golkar an die Seite der damaligen Präsidentin Megawati Sukarnoputri, wovon er sich bessere Chancen für seine eigenen Ambitionen versprach. Doch Megawati verlor die Stichwahl gegen Susilo, und Golkar war plötzlich in der Opposition.

Die Wahl Kallas zeigt, dass die Mehrheit der Delegierten auf Opposition keine Lust hat, sondern sich von der Nähe zur Regierung offenbar mehr Macht, Pfründen und Einfluss versprechen. Um Inhalte ging es nicht. Medienberichten zufolge zahlten Kalla und Akbar Delegierten Geld für ihre Unterstützung. Akbar hatte vergeblich versucht, Kallas Kandidatur durch eine Satzungsänderung zu verhindern. Zuvor war bereits Arsen in einer Suppe gefunden worden, die Kalla serviert werden sollte. Während die Polizei nicht sagen wollte, ob dies ein versuchter Anschlag war, wiegelte Kalla ab. Manche unterstellten ihm gar eine Inszenierung. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass im September Indonesiens führender Menschenrechtler Munir mit Arsen vergiftet worden war.

Kalla ist ein reicher Geschäftsmann aus Südsulawesi und gehörte schon immer zu Golkar. Seine Mitgliedschaft war auf Betreiben Akbars im September suspendiert worden, weil Kalla an Susilos Seite für die Vizepräsidentschaft kandidierte. Susilo hatte mit der Nominierung Kallas die Golkar-Partei gespalten. Sie hatte zuvor Susilo als eigenen Präsidentschaftskandidaten verschmäht, so dass er eine eigene Partei aufbauen musste.

Offen ist, wie sich Kallas Golkar-Führung auf Reformversprechen der Regierung zum Beispiel bei der Korruptionsbekämpfung auswirken wird. Zwar dürfte Susilo Reformen künftig leichter durchs Parlament bringen. Doch bisher war Golkar ein Haupthindernis für Reformen und könnte diese künftig kräftig verwässern. Manche Kommentatoren kritisieren, dass Golkars Abschied aus der Opposition das noch nicht eingespielte demokratische System schwächt. Andere sehen voraus, dass Kalla mit seiner neuen Hausmacht bald selbst zum Herausforderer für Susilo wird. SVEN HANSEN