merkel hält zu meyer
: Das Kalkül der starken Frau

Angela Merkel und die Männer – das war schon bisher ein spannendes Thema. Wen hat sie nicht alles im Wortsinn erniedrigt: Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble, Friedrich Merz und Horst Seehofer verloren ihre Posten. Andere wurden gleich niedrig gehalten: Die Ministerpräsidenten Roland Koch, Christian Wulff und Peter Müller bekamen gar nicht erst die Chance, die K-Frage für offen zu erklären.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

Die CDU-Chefin weiß starke Männer von sich fern zu halten. Diese Beobachtung wird nun auch umgekehrt wahr: Schwache Männer können bei Merkel auf eine duldsame Gelassenheit hoffen, die sie sonst wohl nirgends erfahren würden. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer darf im Amt bleiben, obwohl er nur scheibchenweise zugab, wie viele „Sonderausschüttungen“ er vom Energieriesen RWE erhalten hat.

Es ist nicht zu sehen, was Meyer künftig als Generalsekretär noch bewirken kann. Denn seinen Status hat er verloren. Nie wieder wird er sich vor die Presse stellen und lauthals Rücktritte bei SPD und Grünen einfordern: Das Gelächter wäre ihm sicher. Und nie wieder wird er das CDU-Sozialprogramm der notwendigen Härten vertreten können: Stets würde er an seine eigene Raffgier erinnert.

Meyer wird ein unsichtbarer Generalsekretär werden, der sich vielleicht noch ein bisschen mühen darf, die internen CDU-Parteistrukturen zu reformieren. Das wirkt zunächst erstaunlich, schließlich stehen Wahlkämpfe an. Und bisher schien die Rollenverteilung ganz gut zu funktionieren: Meyer bolzte mit platten Sprüchen auf den politischen Gegner ein, Merkel variierte die Botschaft dann in etwas gehobenerer Semantik.

Was also will die CDU-Chefin ausgerechnet jetzt mit einem unsichtbaren Generalsekretär? Genau das, einen unsichtbaren Generalsekretär. Für Merkel ist Meyer erst jetzt die Idealbesetzung: Er stört nicht mehr und okkupiert doch einen Posten, den angenehmerweise niemand anders erobern kann.

Das Merkel-Kalkül ist schlicht: Meyers Schwäche ist ihre Stärke – ganz allein kann sie nun das Bild der Partei prägen. In der Gesundheitspolitik hat sie das schon vorgemacht; seit Seehofer frustriert zurücktrat, ist sie die Alleinherrscherin über die Kopfpauschale. Demnächst wird sie sicher noch ein eigenes Steuerkonzept vorstellen, in das ihr der naseweise Friedrich Merz nicht mehr hineinreden kann.

Angela Merkel macht die CDU zur Ein-Frauen-Partei. Dafür gibt es ein Vorbild: Maggie Thatcher.