Von Dortmund in die weite Welt

Die Auslandsgesellschaft Nordrhein-Westfalen schreibt nach einer langen Sanierungsphase wieder schwarze Zahlen. Präsident kritisiert fehlende „außenwirtschaftliche Vision“ der Landesregierung

AUS DORTMUND ULLA JASPER

Wer glaubt, Dortmund sei provinziell, hat sich getäuscht. Den Beweis erbrachte gestern RWE-Vorstandsmitglied Heinz Fennekold, der in seiner Funktion als Präsident der Auslandsgesellschaft NRW stolz verkündete, dass die zweitgrößte Stadt des Ruhrgebiets demnächst ein tschechisches Honorarkonsulat bekommt. Vielleicht hat er sich auch deshalb so gefreut, weil Fennekold selbst Honorarkonsul werden wird, wenn er im kommenden Jahr aus seinem RWE-Amt aussteigt. Oder weil er endlich mal nicht zu den Laurenz Meyers dieser Welt Stellung nehmen musste.

Allerdings gab es für die Auslandsgesellschaft auf ihrer gestrigen Pressekonferenz im schicken RWE-Sonnenenergieforum im Dortmunder Westfalenpark noch mehr gute Nachrichten zu verkünden. Die Gesellschaft, die nach dem zweiten Weltkrieg aus einer Bürgerinitiative für Völkerverständigung entstanden ist, und durch Sprachkurse, Studienreisen und Vortragsveranstaltungen den internationalen Austausch fördern will, schreibt zum ersten Mal seit langem wieder schwarze Zahlen.

„Nach vier Jahren harter Sanierungsarbeit sind wir über den Berg“, so Fennekold. Leidtragende der „harten Sanierung“ sind vor allem die Beschäftigten. 20 Personen, die zuletzt in der Internationalen Bildungsstätte Willebadessen gearbeitet hatten, wurden entlassen, das Bildungszentrum geschlossen. Für die verbliebenen 34 Beschäftigten der Auslandsgesellschaft wurde mit der Gewerkschaft Verdi ein Notlagentarifvertrag ausgehandelt: weniger Arbeit für weniger Geld. Bei den „personellen Einzelmaßnahmen“, wie der Vorstand den Personalabbau nennt, habe es sich durchweg um sozialverträgliche Schritte gehandelt, beteuert Fennekold. An der Entscheidung, Beschäftigte zu entlassen, habe aber bei der Sanierung kein Weg vorbei geführt: „Wir sind nur zu dem positiven Ergebnis gekommen, weil wir eine konsequente Ausgabenverminderung vorgenommen haben“, so Fennekold. Weitere Entlassungen seien jedoch nicht vorgesehen. Allerdings deutete der Präsident an, dass möglicherweise eine Verlängerung des Notlagentarifvertrags über das Jahr 2005 hinaus notwendig werden könnte.

Fennekold wollte jedoch kaum verhehlen, dass er die Strukturen gerne tief greifender verändert hätte. In der Belegschaft konnte er dafür jedoch offenbar nicht viel Zustimmung finden: „Lehrer sehen sich in ihrer akademischen Würde offenbar geschmälert, wenn sie mal im Kundenservice arbeiten sollen.“

Nötig geworden waren die Einschnitte, weil ein wichtiges Standbein, der Unterricht „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF), in den letzten Jahren „dramatisch eingebrochen“ war, so der Vorstand. Der Grund sei vor allem ein Rückgang bei den Zahlen chinesischer Absolventen, da die chinesische Regierung fordere, dass die Studenten erst in ihrer Heimat ausgebildet würden, bevor sie dann nach Deutschland geschickt werden. „Zudem haben auch die deutschen Universitäten selbst den Markt für Fremdsprachen entdeckt“, so der Schatzmeister der Auslandsgesellschaft, Klaus Wegener. Für das kommende Jahr spekuliert er jedoch wieder auf einen Anstieg der DaF-Absolventen. Dann tritt das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft, das hier lebende Migranten zur Teilnahme an Deutschkursen verpflichtet. Der größte Markt für die DaF-Kurse liege jedoch in China. Fennekold kündigte deshalb an, dass die Auslandsgesellschaft in den kommenden Jahren ihre China-Präsenz ausbauen werde. Aber auch in Polen, Russland, der Türkei und dem Iran wolle man neue Studenten „akquirieren“.

Als wenig hilfreich bezeichnete er in diesem Zusammenhang die Politik der Landesregierung: „Ihr fehlt ein Außenhandelskonzept oder eine Vision über den außenwirtschaftlichen Auftritt Nordrhein-Westfalens.“ In Düsseldorf habe man scheinbar immer noch nicht realisiert, dass Bonn nicht mehr Bundeshauptstadt ist und der Hauptstadtglanz nun nicht mehr auf den Rest des Landes abstrahlt.