Gänse würden Tofu kaufen

Die Weihnachtgans, da liegt’se. Still ruht der abgegnabbelte Flügel, leise rinnt die Bratensoße über den Bürzel. Nach wie vor ziehen die Deutschen das Federvieh an Weihnachten Dinkelbratlingen und Sojawurst vor, ja halten sie für das Weihnachtsessen par excellence – das jedenfalls will die Marketinggesellschaft für niedersächsische Agrarprodukte mit einer Umfrage herausgefunden haben.

Der deutsche Bauer hat davon allerdings nicht viel: Das Fleisch kommt meistens aus dem Ausland: 24.000 Tonnen tiefgekühltes Gänsefleisch wurden im vergangenen Jahr aus dem Ausland eingeführt, 15.000 Tonnen davon kamen aus Polen, 8.600 Tonnen aus Ungarn, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. In Deutschland wurden hingegen nur 1.700 Tonnen Gänsefleisch produziert.

Außerhalb der Weihnachtssaison werden nur wenig Gänse geschlachtet, zu groß der Aufwand, zu teuer das Vieh, zu lange die Bratzeit. „Es ist ein reines Saisongeschäft“, sagt Dieter Oltmann, Geschäftsführer des Niedersächsischen Landesverbandes für Geflügelwirtschaft in Oldenburg. Während die Gänse das Jahr über Ruhe haben, geht es ihnen dafür in den Wochen vor Weihnachten richtig ans Gefieder. Wachsen sollen sie und zwar fix. Vor allem vom Kauf der importierten Tiere, die sich in den Tiefkühlregalen der Discounter stapeln, rät Geflügel-Experte Oltmann ab: „In neun Wochen züchtet man sie auf drei Kilogramm Gewicht.“ Die Folgen für den Verbraucher: wenig schmackhaftes Fleisch. Einheimisches Federvieh hingegen werde erst nach 16 bis 32 Wochen geschlachtet. In dieser Zeit würden sie „unter natürlichen Bedingungen“ gehalten, versichert Oltmann. „Den Sommer verbringen sie auf der Weide.“

Wer einen Weihnachtsbraten mit einem glücklichen Vorleben auf dem Teller haben will, sollte allerdings auch bei Tieren aus einheimischer Produktion auf alternative Betriebe setzen, rät die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Diese würden langsam wachsende Rassen halten und vorwiegend mit Getreide mästen. Zudem sei der Einsatz vorbeugender Arzneien strikt verboten.

Glückliche Gänse, glücklicher Esser: Die Bio-Gans sei schmackhafter, aromatischer wegen des hohen Fettanteils im Fleisch, sagt Annette Stünke, Sprecherin von Bioland Niedersachsen, dem größten Verband für ökologische Landwirtschaft. Keulen, die nicht blau oder rot durchschimmern, seien ein Hinweis auf viel Fett, außerdem weißes bis gelbes Fett am Bürzel. Ein weiteres Indiz für eine gute Gans sei die deutlich ausgebildete Brust. „Das Brustbein darf nicht vorstehen.“ eib