Senat bleibt im Amt

Das Volksbegehren für Neuwahlen ist endgültig gescheitert. Jede neunte Unterschrift ungültig. Initiatoren machen laue Opposition und fehlende Dynamik bei der „Wahlalternative“ verantwortlich

VON STEFAN ALBERTI

Nicht dass der Senat bislang sonderlich beunruhigt gewesen wäre wegen des angestrebten Volksbegehrens zu seiner Abwahl. Seit gestern aber kann Rot-Rot gänzlich ruhig in die Weihnachtsferien gehen: Die Unterschriftensammlung des Bündnisses aus Polizeigewerkschaft GdP, Bildungsgewerkschaft GEW und einer linken Initiative ist gescheitert.

Laut Landeswahlleiter ist jede neunte Unterschrift ungültig. Von rund 52.000 überprüften blieben nur 46.286 gültige übrig – weit weniger als die erforderlichen 50.000. Diese Zahlen nannte die Wahlleitung nach gut zweiwöchiger Durchsicht durch die Bezirke.

Damit bestätigten sich die Zweifel, die Vizewahlleiter Horst Schmollinger schon vor Prüfungsbeginn gegenüber der taz geäußert hatte. Denn frühere Unterschriftensammlungen hatten eine Ausfallquote zwischen 11 und 22 Prozent. Gemessen an diesen Erfahrungen konnte es nicht reichen. Die jetzige 11-prozentige Fehlerquote kam laut Wahlleitung vor allem durch Doppelunterschriften, Teilnahme von nicht wahlberechtigten Migranten und nicht überprüfbare Adressen zustande.

Die GdP hatte die sechsmonatige Unterschriftensammlung im Juni aus Protest gegen den Sparkurs des Senats begonnen, unterstützt von GEW und der Initiative „Volksbegehren Soziales Berlin“ (VSB). Wären die nötigen 50.000 gültigen Unterschriften zusammengekommen, wäre am 24. Januar Stufe zwei gestartet: Dann hätten 480.000 Unterschriften gesammelt werden müssen, um einen Volksentscheid über Neuwahlen zu erzwingen.

Diese Zahl erschien der GEW nach den Erfahrungen von Stufe eins so utopisch, dass sie sich Anfang Dezember aus dem Dreierbündnis zurückzog. GEW-Landeschef Ulrich Thöne zeigte sich gestern dennoch von dem Scheitern überrascht: Die GdP als federführende Organisation sei sich relativ sicher gewesen, dass es reiche. Nach wie vor hält es Thöne für die richtige Entscheidung, auf diese Weise gegen Senatspolitik zu protestieren. Die Aktion litt nach seiner Einschätzung darunter, dass im Zuge der Hartz-IV-Proteste die PDS als Regierungspartei selbst auf die Straße ging und dass sich die Opposition kaum engagierte.

GdP-Landeschef Eberhard Schönberg mochte sich ohne genaue Kenntnis der Zahlen und Rücksprache nicht äußern: „Das müssen wir uns jetzt erst mal in Ruhe angucken.“ Er sei davon ausgegangen, dass die Unterschriften ausreichten.

Michael Prütz, Sprecher der VSB, machte die GEW mit verantwortlich für das Scheitern. Diese hat nach seiner Ansicht für ihre Größe zu wenige Unterschriften gesammelt. Enttäuscht zeigte er sich zudem von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, die sich, anders als erhofft, nicht beteiligte. Zudem sei zwischenzeitlich die Unterstützung durch die radikale Linke eingebrochen. Auch die mögliche neue Partei „Wahlalternative“ trägt für Prütz Mitschuld: Sie habe es nicht geschafft, sich als wirkliche Alternative zu positionieren.