Dutschkes Marsch durch die Institutionen

Berliner Politiker aus SPD, PDS und Grünen befürworten die taz-Forderung nach einer Rudi-Dutschke-Straße. Heute – kurz vor dem 25. Todestag des Studentenführers – wird das zuständige Bezirksparlament einen entsprechenden Antrag beraten

AUS BERLIN STEFAN ALBERTI

Am Freitag forderte die taz eine Rudi-Dutschke-Straße, heute beschäftigt sich die Berliner Politik damit. Fast genau zum 25. Todestag Dutschkes hat die PDS-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg die Forderung aufgegriffen. Sie brachte den Antrag ein, die Kochstraße, Sitz der taz-Redaktion, nach dem führenden Kopf der Studentenproteste von 1968 umzubenennen. SPD und Grüne signalisierten Unterstützung. Dutschke war am 24. Dezember 1979 an den Spätfolgen eines elf Jahre zuvor verübten Attentats verstorben.

Die taz hatte ihre Forderung mit prominenter Unterstützung eingereicht. Eine Dutschke-Straße fordern unter anderem Grünen-Bundeschefin Claudia Roth, der Berliner Bildungssenator Klaus Böger (SPD) und die Bürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Cornelia Reinauer (PDS). Ihnen schloss sich der Grünen-Umweltminister Jürgen Trittin an.

Das Hochhaus des Axel-Springer-Verlags, der massive Kampagnen gegen den Studentenführer fuhr, läge ebenfalls an der Dutschke-Straße, auch wenn seine Adresse weiter Axel-Springer-Str. 65 bliebe.

Die Chancen auf Zustimmung in der Bezirksverordnetenversammlung stehen gut. Die PDS hält 17 der 55 Sitze, mit SPD (15) und Grünen (13) käme eine breite Mehrheit zusammen. Die Sozialdemokraten haben sich grundsätzlich hinter eine Dutschke-Straße gestellt. Sie wollen aber prüfen, ob eine Umbenennung der Kochstraße – nach der auch eine U-Bahn-Station heißt – nicht zu hohe Kosten mit sich bringt. Bei den Grünen gibt es laut Fraktionsspitze Bereitschaft zur Umbenennung.

SPD-Fraktionschef Andy Hehmke lehnte es aber ab, die Sache heute „im Handstreich“ zu entscheiden. Er fordert, sie ernsthaft in den zuständigen Ausschüssen zu beraten. Auch Grünen-Fraktionschefin Bernadette Kern will „nicht Hals über Kopf“ Fakten schaffen. Problematisch für sie: Nach geltender Beschlusslage müssen neue Straßennamen an Frauen gehen. Daran müsse man sich eigentlich halten, um nicht unglaubwürdig zu werden, sagte Kern. Andererseits, angesichts der Bedeutung Dutschkes, „kann man davon mal eine Ausnahme machen“.

Widerstand kommt von der CDU. Für ihren innenpolitischen Sprecher im Abgeordnetenhaus ist die Kochstraße ein Symbol des Kalten Kriegs und somit unverzichtbar. Er wähnte sie sogar als den Ort, an dem sich amerikanische und sowjetische Panzer gegenüberstanden. Dies geschah allerdings nicht dort, sondern an der nahen Friedrichstraße. Der CDU-Chef im Bezirksparlament lehnt Umbenennungen aus Kostengründen generell ab – „ob die nun Rudi-Dutschke- oder Helmut-Kohl-Straße heißen“.

Bislang erinnern in Berlin nur wenige Stätten an Dutschke. An der Freien Universität, seiner Wirkungsstätte, gibt es seit 1999 einen Rudi-Dutschke-Weg. Allerdings verläuft der nur auf Uni-Gelände und ist keine öffentliche Straße. Das Gebäude der taz-Redaktion in der Kochstraße 18 heißt Rudi-Dutschke-Haus.