Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Das Foto von Papst Benedikt XVI. und der Schweizer Garde hat Aris Kalaizis in unserer Zeitung gefunden. Mit Fug und Recht darf man jedoch bezweifeln, dass auch der schräge Engel mit auf dem Bild war, dieser hippieske Typ mit den riesigen weißen Flügeln, der sich in dem weitläufigen Saal rechts von der päpstlichen Truppe aufgebaut hat. Den hat der Meisterschüler von Arno Rink einfach dazuerfunden, und das hat er – man verzeihe das naheliegende Wort – teuflisch gut gemacht. Denn dieser Engel ist verdammt komisch statt rätselhaft, wie es sonst die Figuren in Kalaizis Bildern gerne sind. Etwa der Engel, der in „Making Sky“ – dem Gemälde, das der Ausstellung in der Maerzgalerie den Titel gibt – durch das Dach bricht. Es ist völlig unklar, wo die sparsam bekleidete junge Dame mit ihren prächtigen weißen Schwingen eigentlich gelandet ist. Im Bahnhof wäre sie als der geflügelte Genius des Weltverkehrs zu entziffern. Aber so steht sie auf dem Tisch, in einem Zimmer mit heftig gestreifter Tapete, undefinierbare Gerätschaften verstellen den Raum, ein Wandspiegel kokettiert mit ihrem nackten Hintern und der Boden ist mit Abfall bedeckt: ein Atelier? Auch der Typ im proletarischen Outfit, in Unterhemd und von Hosenträgern gehaltener Hose, auf den sie dort trifft, ist nicht so recht zu verorten. Alles scheint Staffage für eine komplexe malerische Komposition zu sein, in der die Farbigkeit oder das Licht, das auf merkwürdige Dinge fällt, das Tapetenmuster und die Fluchtlinien des Mobiliars im Raum das eigentliche Thema sind. Nun ist diese Verrätselung als Fluchtweg aus der figurativen in die reine Malerei Signum der Leipziger Schule. Mit „Making Sky“ erweist sich Aris Kalaizis, der an der Leipziger Hochschule studiert hat, noch als ihr frommer Adept. Mit dem konkreten katholischen Personal um Benedikt XVI. hat er sich blasphemisch emanzipiert.

Aris Kalaizis: „Making Sky“, bis 27. Juni, Di–Sa 11–18 Uhr, Maerzgalerie, Sophienstraße 21