Gemeinsam gegen sterbende Städte

So genannte Immobilien- und Standortgemeinschaften sollen schwache Stadtviertel wieder attraktiver machen – nach amerikanischem Vorbild. Das Land steuert pro Stadt maximal 200.000 Euro bei. Passiert ist bislang aber wenig

RUHR taz ■ Auch im Bochumer Bermuda-Dreieck ist nicht alles Gold, was glänzt – auch wenn jedes Jahr zig Tausend Menschen über die bekannte Feiermeile flanieren. Damit es zwischen verwaisten Ladenlokalen und tristen Häuserfassaden wieder aufwärts geht, wurde im Juli die Immobilien- und Standortgemeinschaft Bermuda-Dreieck (ISG) gegründet, die sich kürzlich erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Ihre Aufgabe ist es, das angeschlagene Kneipenviertel wieder auf Trab zu bringen.

Die Bochumer ISG ist aber nur eines von insgesamt 15 Pilotprojekten in Nordrhein-Westfalen. Auch in Dortmund oder Castrop-Rauxel haben sich ISGs gegründet. Als Dachorganisationen versammeln sie all jene, die sich ohne einen derartigen Verein offenbar nicht an einen Tisch begeben: Gastronomen, Hauseigentümer, die Industrie- und Handelskammer und die jeweilige Stadtverwaltung. Im Gegensatz zum flächendeckenden Marketing der Städte konzentrieren sich die ISGs nur auf ein Viertel der Stadt: in Dortmund auf das Rosenkarree, in Castrop-Rauxel auf die Altstadt.

Finanziert wird das Projekt zum größten Teil vom Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport. Bis zu 100.000 Euro erhalten die ISGs jährlich aus dem Topf für Stadtentwicklung, insgesamt zwei Jahre lang. Dann muss die Gemeinschaft auf eigenen Beinen stehen. Ministeriums-Sprecherin Mirjam Grotjahn findet, mit der ISG könne man „gezielt und strukturiert“ den „offensichtlichen Verbesserungsbedarf“ in den Städten angehen. Doch was hat sich in den Monaten geändert seit die ISGs existieren? In Bochum nicht viel: Lichtschläuche wurden in Bäume geworfen, Weihnachtsbäume aufgestellt. Eine magere Ausbeute, die laut Grotjahn damit zu tun hat, dass zunächst Konzepte erarbeitet würden: „Ergebnisse zeigen sich nicht sofort“, weiß die Sprecherin.

Auch Stefan Postert von der Industrie- und Handelkammer Mittleres Ruhrgebiet (IHK) räumt dem Projekt eine „gewisse Vorlaufzeit“ ein: „Um Viertel wie das Bermuda-Dreieck nach vorne zu bringen, brauchen wir einen höheren Organisationsgrad“, sagt Postert. Der sei mit einer Interessengemeinschaft gegeben, in der auch Hauseigentümer und Gewerbetreibende in den oberen Stockwerken eingebunden würden. Vorbild für die ISG sind die „Business Improvement Districts“ (BID), die sich in Amerika als probates Mittel erwiesen haben, Innenstädte binnen drei bis fünf Jahren wieder zukunftsfähig zu machen. In den USA sind mehr als 1.200 dieser BID in Betrieb – eine finanzielle Beteiligung der Mitglieder dieser Gemeinschaften ist verpflichtend. Auch hierzulande wird bereits überlegt, ob man die Finanzierung gesetzlich verankern sollte: In Berlin sprach sich jüngst der CDU-Abgeordnete Stephan Tromp für diese Regelung aus. In Hamburg oder Mittelhessen wird die Idee ebenfalls diskutiert. Für das NRW-Ministerium hingegen kommt ein mehr Verbindlichkeit schaffendes Gesetz erst später in Frage: Damit könne man schlecht starten, sagt Grotjahn: „Momentan kann man nur auf den Appell setzen.“

BORIS R. ROSENKRANZ