BARBARA DRIBBUSCH über GERÜCHTE
: Der Mami- und der Girlie-Test

Gibt es eine Testserie zur Wahl des richtigen männlichen Lebenspartners? Freundin Britt glaubt, ja

„Die Sache mit Winfred hätte man voraussehen können“, sagt Britt. Ich höre nicht richtig zu. Schließlich will ich die Mädchen nicht aus den Augen verlieren. Wir sind auf dem Weihnachtsmarkt mit unseren Töchtern Anna und Charlotte unterwegs. Wir hätten einen Treffpunkt ausmachen sollen, denke ich. Wo doch Charlotte ihr Handy oft nicht angeschaltet hat.

„Winfred war doch immer schon ein verwöhntes Mamasöhnchen“, fährt Britt fort, als wir uns durch die Menge drängen. Sie ist immer noch geschockt von gestern Abend, der Geburtstagsparty von Winfred, ihrem Ex. Er ist jetzt mit Sabine verheiratet. Unlängst hat Sabine herausbekommen, dass Winfred ein Verhältnis mit einer Assistentin in seiner Firma hat. Er besteht darauf, seine Geliebte nicht aufzugeben. Sabine müsse akzeptieren, dass er nur noch eine „Wirtschaftsgemeinschaft“ mit ihr bilden wolle, und da seien doch auch die Kinder. Sabine hat resigniert und zu seinem Geburtstag wie immer ein schickes Buffet ausgerichtet.

„Also, wenn Anna so einen Mann bekäme, wäre ich todunglücklich“, sagt Britt. Unsere Töchter sind vorne an der Losbude stehen geblieben. Hoffentlich gewinnen sie nicht irgendeinen dieser weißen Riesenteddys, denke ich.

„Vielleicht sollte man eine Art Mami-Test für die Wahl des Lebenspartners entwickeln“, redet sich Britt in Fahrt, „das Prinzip lautet: Besuche mit deinem Liebhaber seine Mutter und beobachte genau, ob er sich von Mami anhimmeln und bedienen lässt. Du kannst davon ausgehen, dass du wie in einem Zeittunnel deine eigene Zukunft vor dir siehst. Falls er den kleinen Pascha spielt, nichts wie weg.“

Britt löste sich damals von Winfred, nachdem sie mit ihm zu dessen Mutter nach Böblingen gefahren war. Die Mutter, eine tüchtige schwäbische Hausfrau, hatte ein mehrgängiges Menü aufgefahren. Als sie in der Küche das Geschirr abspülte, bat Winfred, sie möge doch die Küchentür schließen, „wegen des lauten Geklappers“.

Britt schaffte den Absprung und heiratete zwei Jahre später Thomas. „Thomas zum Beispiel hätte den Mami-Test super bestanden“, sagt Britt. Als sie mit Thomas dessen Mutter besuchte, stellte die potenzielle Schwiegermutter zum Kaffee einen noch in Folie eingeschweißten Marmorkuchen von Bahlsen auf den Tisch. Es klebte noch das orangene Preisschild dran, weil es sich um ein Sonderangebot handelte. „Als ich das sah, wusste ich, dieser Mann erwartet keine traditionelle Frauenrolle von dir“, hatte mir Britt vorgeschwärmt. Die Ehe mit Thomas hält.

„Die Sache mit dem Mami-Test ist lustig“, sage ich etwas zerstreut. Unsere Töchter trödeln vorne am Stand mit den rosa Duftkerzen. Dieser Kitsch. Die Teenies stehen heute wieder drauf. Überhaupt nicht mein Geschmack.

„Ein Mami-Test reicht allerdings noch nicht aus“, spinnt Britt den Faden weiter, „es müsste noch der Girlie-Test hinzukommen.“ Das mit dem Girlie-Test hat sie schon mal zum Besten gegeben. Er geht so: Schaue dir mit deinem Liebhaber den „Letzten Tango in Paris“ an. Hält er Maria Schneider für eine „affige Kindfrau“, wird alles gut. „Dann ist das Risiko kleiner, irgendwann gegen eine Jüngere ausgetauscht zu werden“, hatte mir Britt damals erklärt. Thomas hatte während des „Letzten Tangos“ im Fernsehen gelangweilt umgeschaltet.

„Mami-Test, Girlie-Test, man könnte ja schon von einer regelrechten Testserie sprechen“, scherze ich. Aber eigentlich ist mir kalt. Britt ist eine Theorienmaschine. Vielleicht wird man so, wenn man als Kind erlebt hat, wie die hoch begabte Mutter in ihrer Hausfrauenrolle erst depressiv und dann, im Alter, vom Mann auch noch zunehmend herablassend behandelt wurde.

Wir haben Anna und Charlotte aus den Augen verloren, stelle ich fest. Schneeflocken fallen. Ich liebe verschneite Straßen. Es ist, als fängt die Welt noch mal von vorne an. Charlotte hat ihr Handy mal wieder ausgeschaltet. „Wir müssen uns auf die Suche machen“, sage ich zu Britt. Da hilft auch die modernste Technik nichts.

Fragen zum Mami-Test? kolumne@taz.de Montag: Peter Unfried über CHARTS