Systematisches Schmieren im Containerhafen

Beim Bau des neuen Terminals in Ludwigshafen am Rhein sollen sich etliche Verantwortliche bereichert haben

LUDWIGSHAFEN taz ■ Die leicht verbesserte Platzierung Deutschlands auf der Antikorruptionsskala von Transparency International (TI) könnte bald Makulatur sein. Schließlich hat der deutsche TI-Chef Hansjörg Elshorst deutlich gemacht, dass sie nur der Tatsache zu verdanken ist, dass „keine größeren Skandale aufgedeckt“ wurden. Die Berichte über den gigantischen Korruptionsskandal um den Bau des Containerterminals im Hafengebiet von Ludwigshafen am Rhein dürften das ändern.

Das Terminal ist seit Herbst in Betrieb und der größte mitteleuropäische Binnenumschlagplatz für Container. An den Baukosten von 40 Millionen Euro hatte sich der Bund mit 25 Millionen Euro beteiligt. Bauherr waren die Hafenbetriebe Ludwigshafen am Rhein GmbH, an denen Rheinland-Pfalz zu drei und die Stadt zu einem Viertel beteiligt sind.

Die Korruption verlief nach dem klassischen Muster, der Schaden geht wohl in die Millionen. Der Geschäftsführer, der Abteilungsleiter und bislang sechs weitere Tatverdächtige bei den Hafenbetrieben ließen sich offenbar über Jahre hinweg von Baufirmen bestechen. Dafür gab es Großaufträge auf der Baustelle Kaiserwörthhafen. Die Bestechungskosten holten sich die Firmen durch überhöhte Rechnungen für tatsächliche und angebliche Leistungen von den Hafenbetrieben wieder zurück.

Das System lief geschmiert – bis ein Anonymus Ende November die Staatsanwaltschaft informierte. Oberstaatsanwalt Helmuth Bleh und seine Leute haben inzwischen allein bei den beiden Hauptverdächtigen von den Hafenbetrieben und den Geschäftsführern oder Inhabern von fünf Baufirmen 60 Kartons voll Akten und Unterlagen sichergestellt. „Das ganze Zeug“ muss jetzt gesichtet werden“, so Bleh. Er ist überzeugt, dass dabei wohl noch weitere Namen „bestechender Firmen“ auftauchen.

Wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft ist inzwischen ein Abteilungsleiter der Hafenbetriebe, den der Richter zunächst gegen eine Kaution von 25.000 Euro hatte laufen lassen. In den Tagen danach hatte er mehrfach versucht, Zeugen zu beeinflussen. Ebenfalls in U-Haft sitzen sollte eigentlich der inzwischen fristlos entlassene Geschäftsführer der Hafenbetriebe, Sigurd Kunkel. Der mutmaßliche Drahtzieher in der Korruptionsaffäre hatte aber bei seiner vorläufigen Festnahme einen Herzinfarkt erlitten. Er liegt im Krankenhaus – Tag und Nacht bewacht von einem Justizvollzugsbeamten.

Der Skandal ist auch ein Politikum. Nur Proteste der Grünen im Landtag etwa haben verhindert, dass die Landesregierung ausgerechnet die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer Sonderuntersuchung beauftragt, die bisher schon die Hafenbetriebe prüfte. Auch dem Aufsichtsrat der Hafenbetriebe, dem der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Günter Eymael (FDP), vorsitzt, werfen sie „Kontrollversagen“ vor. Grüne und Christdemokraten fordern bis zur Aufklärung des Skandals Eymaels Demission. Die Landesregierung hat bislang nur erklärt, dass sie die Schuldigen an dem Millionenschaden in Regress nehmen will.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT